Werner Herzog Werkschau im Zeughauskino


Klaus Kinsiki in "Fitzcarraldo"

Klaus Kinsiki in "Fitzcarraldo"

Während in Frankreich und in den USA Werner Herzogs aktuelle Filme beachtet und leidenschaftlich diskutiert werden, finden in Deutschland nur wenige Filme den Weg auf die Kinoleinwand. Und wo im Ausland Herzog neu entdeckt wird und sich ein junges Publikum für dessen frühe Filme interessiert, steht eine Neubewertung von Herzogs Werk hierzulande nach wie vor aus. Die von Chris Wahl kuratierte Werkschau, die vom 24. Juni bis 31. Juli im Zeughauskino zu sehen ist, möchte dies ändern und zeigt über 20 Filme des Regisseurs.

Geboren am 5. September 1942 als Werner Herzog Stipeti nimmt er als Regisseur einen undurchsichtigen, aber dennoch gewichtigen Platz ein. Vielleicht lag es daran, dass er bis zu seinem elften Lebensjahr nichts von der Existenz des Kinos wusste. Vielleicht lag es daran, dass er auf einem abgelegenen Bauernhof in einem kleinen Kaff in der Nähe der österreichischen Grenze aufwuchs. Vielleicht lag es auch daran, dass er erst mit 17 Jahren sein erstes Telefonat führte. Oder war es die gemeinsame Pensionszeit mit Klaus Kinski?  Mit 25 drehte Werner Herzog seinen ersten Spielfilm: „Lebenszeichen“ (1968).  Bereits hier zeichnet sich ein Grundthema Herzogs ab: das den logischen Fortschritt blockierende Kreisen.  So erlebt man  Probleme – seien  sie künstlich oder nicht- und erlebt doch keine Besserung, nur eine gestillte Mattheit, die sich unmittelbar aber doch banal steigert. Und so bleibt das Auflehnen des Soldaten Sroszek in dem Film eine Bagatelle, die sich im Kreisen verliert. Gerade weil der Film so unterschwellig harsch ist und damit zur damaligen Zeit ein völlig neues Texturvokabular bediente, erhaschte er gleich beim ersten Versuch auf der Berlinale den Silbernen Bären.

Filmszene: "Auch Zwerge haben klein angefangen"

Filmszene: "Auch Zwerge haben klein angefangen"

Die Jahre 1972/73 sollten die Prägendsten im Leben Herzogs sein. 1972 entstand „Aguirre, der Zorn Gottes“ (1972) mit seinem Stammschauspieler und Freund Klaus Kinski in der Hauptrolle und es gelang ihm damit der Durchbruch. 1973 wurde sein Sohn Rudolph Amos Achmed geboren und  er wanderte in 22 Tagen von München nach Paris, um die kranke Filmkritikerin Lotte Eisner zu besuchen, um sie durch die aufgenommenen Strapazen zu heilen –  es gelang. Drei Jahre zuvor entstand „Auch Zwerge haben klein angefangen“ (1970). Dieser Film ist einfach bizarr und nervend. Allein schon die Eröffnungsequenz, in der über fünf Minuten lang unerhört martende Musik zu belanglosen schwarz-weiß Aufnahmen geboten wird, ist eine Belastungsprobe für den Zuschauer. Es geht um die Insassen einer Besserungsanstalt. Man darf also vieles erwarten, jedoch keine geschliffenen Dialoge und keine Dramaturgie, die mit der Präzision eines Schweizer Uhrwerkes den Genießer entzückt. Das Auge zuckt hier vielleicht von Zeit zu Zeit, eben weil dieses undefinierte Ätzende nicht enden mag. Dieses Traktat der zur Schau gestellten Imbezillität empfanden damals einige Kritiker fälschlicherweise als Beschmutzung der Studentenrevolte, die Herzog ins Lächerliche ziehen will. Mitnichten ist der Streifen faschistisch. Er konfrontiert jeden Einzelnen mit dem Sinnlosen und lässt jeden Einzelnen damit auch gemeinerweise alleine.  Einige Jahre bevor Herzog sich in den 80ern der Oper zuwenden sollte, drehte er einen FIlm über die Oper und mit diesem Film ist er in die Geschichte eingegangen. „Fitzcarraldo“ (1982) ist als Streifen ein Synonym geworden zu Wörtern wie Eskapismus und Wahn. Dieser Film ist auch eine Warnung: Nichts ist gefährlicher als ein leidenschaftlicher Hans Guck in die Luft. Kunst und Natur sollten für immer getrennte Sphären bleiben.

Joris J.

Werkschau Werner Herzog, 24. Juni bis 31. Juli 2011, Zeughauskino, www.dhm.de