Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch zur Wahl 2011 – Teil 2


Frank Zimmermann schreibt eifrig mit

Frank Zimmermann schreibt eifrig mit

Im ersten Teil unseres Tischgesprächs Delicatessen sprachen Alice Ströver (Die Grünen), Frank Zimmermann (SPD), David Wnendt (Regisseur) und Down Under Berlin-Organisator sowie Vorstandsmitglied von Festiwelt e.V. Clemens Stolzenberg über Gelder für Festivals, das Medienboard und günstigen Raum für Kreative. Nun konkretisiert sich das Gespräch auf die Frage: Wie kann die Politik Filmfestivals in der Stadt gezielt fördern?

Als kulturpolitische Aufgabe identifizieren

Frank Zimmermann: Ich würde als erstes gerne einmal wissen, was es für Festivals gibt. Welche schon einmal gefördert wurden? Wo besonders harte Probleme auftreten? Welche in ihrer Existenz gefährdet sind. Um einen Überblick zu bekommen, würde ich die am liebsten in den Medienausschuss einladen und anhören. Als ersten Schritt gilt es für uns in der Politik die Probleme zu identifizieren, ein zweiter könnte zum Beispiel sein, beim Medienboard die Förderkriterien transparenter zu gestalten.

Clemens Stolzenberg: Das ist einer der Gründe, warum Festiwelt existiert: Um als Ansprechpartner für die Politik bereit zu stehen.

BFF: In den Festivals steckt bisher unheimlich viel ehrenamtliche Arbeit. Jede finanzielle Unterstützung hilft, die Nachhaltigkeit zu verbessern und Planungssicherheit zu gewährleisten.

Zimmermann: Wichtig ist, im ersten Schritt Öffentlichkeit herzustellen. Es muss kommuniziert werden, wenn es ein Problem gibt. Es muss als kulturpolitische Aufgabe identifiziert werden. Dann ändert sich auch etwas in den Köpfen. Diese Rolle würde ich auch gerne annehmen. Innerhalb der Politik dieses Bewusstsein zu schärfen.

Stolzenberg: Zudem sollte man nicht übersehen, dass Berlin durch seine Filmfestivals auch ein Mehrwert erwächst. Die Vielfalt der Berliner Filmfestivals macht die Stadt nicht nur als Wohnort, sondern auch als Reiseziel attraktiv.

Zimmermann: Die Politik muss von den 50, 60 Festivals erfahren.

Die Grüne Alice Ströver sitzt seit 1995 im Abgeordnetenhaus Berlins. Die kultur- und medienpolitische Sprecherin ihrer Partei kandidiert allerdings 2011 nicht mehr.

Die Grüne Alice Ströver sitzt seit 1995 im Abgeordnetenhaus Berlins. Die kultur- und medienpolitische Sprecherin ihrer Partei kandidiert allerdings 2011 nicht mehr.

Alice Ströver: Wie viele Filme gibt es, die keine Verleiher finden?

David Wnendt: Das ist unheimlich schwierig zu vergleichen. Ein Kollege hat einen abendfüllenden Spielfilm für 2.000 Euro gemacht. Statistiken dazu zu erheben ist schwierig. Vielmehr ersetzen Festivals in ihrer Funktion die Programmkinos. Das Multiplex- und das Festivalkino entwickeln sich immer weiter auseinander. Das ist ein Problem, weil dadurch auch weniger Verbindungen bleiben. Der für den einen Markt produzierte Film hat so weniger Chancen beim anderen gezeigt zu werden. Der Markt wird weniger durchlässig. Das Problem ist bekannt. Mache ich ein Kleines Fernsehspiel, kann ich nur noch ein weiteres machen. Ich hoffe, dass die Nominierung meines Films mir Möglichkeiten eröffnet, denn es gibt eine unheimliche Menge an Debütfilmen. Etwa die Hälfte derer Regisseure macht einen zweiten Film und nur noch zwei von denen einen Dritten. Denn: Danach konkurriert man bei seinen Förderanträgen mit Detlev Buck und Tom Tykwer um die Medientöpfe. Vielleicht könnte dieser Übergang sanfter oder nachhaltiger gestaltet werden. Dieser Schritt ist unheimlich schwierig, egal ob ein Publikums- oder ein Festivalerfolg gelang.

Der Nachtisch sorgt derweil für ein süßes Vergnügen.

Ströver: Dieses Thema haben wir in allen Kunst- und Kultursparten. Irgendwann muss man eben auch Fernsehen machen und nicht nur Kino.

Wnendt: Bei mir wäre das logistisch nicht möglich gewesen. Das Fernsehen hat eine sanfte Übernahme mit seinen Formaten innerhalb der Fördermöglichkeiten geschafft. Bei mir lief die Zusammenarbeit mit den Fernsehredakteuren sehr gut. Wobei das außerhalb des Kleinen Fernsehspiels schon schwieriger ist, weil da andere Maßstäbe angesetzt werden.

BFF: Die Festivals nehmen innerhalb der alten, aufgeweichten Verwertungskette eine neue Rolle ein. Früher lief ein Film im Kino, durfte einige Monate später in die Videothek, darauf käuflich erworben werden und letztendlich folgte die Fernsehpremiere. Das Festival setzt früher, vorm Kino, an.

Stolzenberg: Wenn man davon ausgeht, dass die finanziellen Mittel beschränkt sind, wäre es natürlich wünschenswert, wenn es zwischen den einzelnen Verwertungsinstanzen vermehrt zu Synergieeffekten kommt.

Ströver: Man kann auch mit Schwerpunkten arbeiten und in unterschiedlichen Jahren unterschiedliche Schwerpunkte fördern. Ich glaube nicht, dass wir es schaffen werden, auf Dauer auch nur die Hälfte der etablierten Festivals zu fördern. Keine Regierung wird das schaffen. Es gilt aber einen klar identifizierbaren Fördertitel zu entwickeln, der zeigt, was gefördert wird. Die Festivalmacher müssten sich gemeinsam mit ihrem Abspielort bewerben. Egal, ob junger deutscher Film, Frauen-Film oder australischer Film. Die Anträge werden bearbeitet und das Geld verteilt. Fertig.

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