Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch zur Wahl 2011 – Teil 2


Deutsche Tapas im Mesa

Deutsche Tapas im Mesa

Beim Theater bewährt

Zimmermann (zu Ströver): Würdest du den Titel parallel zum Medienboard entwickeln wollen?

Ströver: Eine solche Parallelstruktur gibt es doch beim Babylon auch. Die bekommen doch deutlich mehr, als nur eine Spielstättenförderung, mit der sie das historische Kino erhalten sollen. Für das Programm sollten sie sich genau so rechtfertigen müssen, wie alle anderen.

Zimmermann: Wäre nicht ein Gremium oder ein Beirat geeignet?

Ströver: Beim Theater hat sich das bewährt. Ich glaube schon, dass es da genug Leute im Filmbereich gibt, die das beurteilen können.

Stolzenberg: Zum Beispiel von filmwissenschaftlicher Seite aus unter den Absolventen des Seminars für Filmwissenschaft an der Freien Universität Berlin.

Ströver: Man könnte ein Pilotprojekt in einer Legislaturperiode starten. Natürlich müssten für eine solche Jury im Vorfeld Kriterien entwickelt werden, damit die nicht alleine stehen. Genau wie im Theater. Da wurden auch Standorte einbezogen und ganz unterschiedliche Gruppen bedient. Ich bin gegen Ungerechtigkeit und Intransparenz.

Zimmermann: Ich meine, dass wir so einen Titel im Haushalt brauchen. Wo sollen die Mittel herkommen? Wie ist die Rolle des Medienboards? Denen können wir nicht das Geld wegnehmen.

Ströver: Man könnte es aber von dieser Aufgabe entbinden und so Mittel freisetzen.

Zimmermann: Würden wir dort Mittel abziehen, würde zu Recht argumentiert, dass das auf Kosten der Filmproduktion ginge.

Allmählich neigt sich das Gespräch dem Ende zu. Der Kaffee wird gereicht. An dieser Stelle unterbrechen wir, um eine neue Schlussrunde einzuführen. Jeder der Delicatessen-Teilnehmer soll final noch einmal die Chance haben, einem seiner Gesprächspartner eine Frage zu stellen.

Zimmermann: Meine Frage ist eine ganz pragmatische: Wen der Anwesenden kann ich ins Abgeordnetenhaus einladen, wenn es zu einer Anhörung zum Thema kommt?

Stolzenberg: Eine Vertreterin oder ein Vertreter von Festiwelt würde Sinn machen.

Ströver: Braucht es in Berlin eine(n) Kultur- oder Kreativ-Beauftragten?

Gedeckter Strudel auf Mesa-Art

Gedeckter Strudel auf Mesa-Art

Wnendt: Ich denke schon. Jemand, der das bündelt. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob Festivalkultur zu einem Politikum werden sollte.

Ströver: Ich dachte auch eher an einen Berater an zentraler Stelle.

Wnendt: Genau, es geht darum Mittel, die da sind, auch an die richtigen Empfänger zu bringen. Gerade was EU-Mittel angeht.

Stolzenberg: Wichtig wäre hier natürlich eine Transparenz in den Strukturen und in der Kommunikation. Die Ansprechpartner sollten ansprechbar und erreichbar sein, auch auf niedrigschwelliger Ebene.

Wnendt: Wie viel Handlungsspielraum hat die Politik überhaupt?

Zimmermann: Das ist eine sehr lange Debatte.

Ströver: Politik hätte mehr Spielraum, wenn Politik mehr wagen würde. Mehr Fortschritt würde auch mehr Mittel ermöglichen. Politik ist oft feige und hält lange an Projekten fest, die sich überlebt haben. Sonst wäre die finanzielle Situation auch nicht so dramatisch. Mut gegen Projekte zu stimmen würde helfen.

Zimmermann: Es entsteht immer ein Spannungsfeld, wenn der eine unterstützt wird und der andere nicht. Ein Problem ist sicher, dass Handlungsspielräume enger werden, weil Entscheidungen auf anderen Ebenen umgesetzt werden müssen. Wir haben die Schuldenbremse im Grundgesetz, die auch für die Länder gilt. Das zeigt auch das Beispiel Griechenland, die diktiert bekommen, was sie zu tun haben – und sonst kein Geld bekommen. Berlin muss sich diesen finanziellen Handlungsspielraum durch verantwortliche Politik erhalten. Um Kultur zu finanzieren. Man darf nicht nur Kürzen, sondern muss eben auch die Einnahme-Situation verbessern.

BFF: Was würde eine Grüne-Regierung für die Kreativwirtschaft tun?

Ströver: Nicht nur Händeschütteln. In Kooperation mit der LBB Kredite zur Verfügung stellen. Mehr Vertrauen entgegen bringen. Eine Liegenschaftspolitik, die immer teuer werdende Räume auf dem Wohnungsmarkt verhindert.

BFF: Was würde eine SPD-Regierung für die Kreativwirtschaft tun?

Zimmermann: Wir würden den Kreativ- und Kulturbereich weiter mit hoher Priorität behandeln und fördern. Wir konnten die Finanzierung des Medienboards verstetigen und planen die Mittel weiter zu erhöhen. Wir sind aber auch zu neuen Maßnahmen bereit, mit denen man sicher noch Einiges verbessern kann. Wir wollen die Liegenschaftspolitik stärker an Entwicklungsinteressen ausrichten.

Ströver: Ich glaube in diesem Punkt sind die Unterschiede zwischen Rot und Grün nicht gravierend.

Zimmermann: Eine Regierung von Rot und Grün in den nächsten fünf Jahren ist keine unwahrscheinliche Variante. Gerade was die Kulturpolitik angeht, sehe ich da keine grundsätzlichen Probleme.

Gesprächsleitung: Denis Demmerle, Martin Daßinnies
Redaktion: Denis Demmerle
Fotos: Andreas Sohn

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