Shorts Attack im Babylon Mitte und Passage Kino
Vorprogrammierte Missverständnisse
Da beklagt wird, dass etwas abhanden gekommen ist, muss zunächst festgestellt werden, dass etwas vorhanden war: der Dialekt. Im deutschsprachigen Film findet man ihn heutzutage selten, dabei macht dieser den Charme unzähliger amerikanischer, britischer und französischer Produktionen aus. Die Interfilm-Kurzfilmreihe Shorts Attacks geht am 12. Oktober im Babylon Mitte und am 16. Oktober im Passage-Kino mit „Deutsch für Profis – Helden der Mundart“ nicht nur dem Charme, sondern auch den vorprogrammierten Missverständnissen auf den Grund.
Da Menschen grundlegend die Intention haben, ihre Handlungsfähigkeit zu erweitern, gehen Sie aktiv auf die Welt zu und lernen, dass sie in unterschiedlicher Art und Weise etwas in ihrer Welt bewirken können. Die nötige Koordination erfolgt durch Bewertungen im Handeln selbst, durch Emotionen und natürlich durch das Sprechen. Die dabei auftretenden Probleme sind nicht selten Stoff für gute Filme.
Wenn sich ein Film etwa dem Gespräch als solches widmet, ist es seine Aufgabe, das gegenseitige Reizen und Verhalten in der Sprache von wenigstens zwei Individuen festzuhalten. Problematisch wird es, wenn es zu einer unfreiwillig ulkigen Manie verkommt, das Sprechen bloß als System und Gegenstand zu präsentieren und damit vom Menschen und seinem gesellschaftlichen Umfeld zu trennen. Der mit dem Murnau-Kurzfilm-Preis ausgezeichnete „Dark Ages“ des Regisseurs und Fotografen Ali Eckert geht der Diskrepanz von Idealismus und Materialismus nach. So steht die Vision des König Arturs gegen den Pragmatismus der Handwerker – sehenswert. Den Godmode legt Carsten Strauch in seinem Film „Demokratie“ ein. Er ist der Sprecher aller Tiere in diesem Zeichentrickfilm, in dem sich Dachs und Iltis über die Nutzung der Grünflächen streiten.
Mehr von etwas haben, nämlich vom verplanten und zugeteilten Leben, ist in erster Linie eine Verbalkonstruktion im Sinne von Ausnutzen oder Ausbeuten. So wollen auch die Partner in Beziehungen mehr von einander haben und in nicht wenigen Trennungsprozessen spielt die Klage, dass der eine vom anderen nicht genug gehabt habe, eine nicht unwichtige Rolle. Auf die Vulgarität des Ausdrucks „Frauen haben oder gehabt haben“ weist Adorno gelegentlich in der Schrift „Minima Moralia“ hin und auch in Nicolas Steiners Familien-Epos „Ich bins Helmut“ beginnt die kleinbürgerliche Fassade auf Grund diverser Missverständnisse zu bröckeln.
Joris J.
Shorts Attack, 12. Oktober, Babylon Mitte, 16 Okotober Passage Kino; www.shortsattack.com