Filmreihe „The Archers“ im Kino Arsenal

It isn't really a belief in mysticism



Berauschend sind ihre Arbeiten und eine gewisse Skepsis ist angebracht gegenüber dem Schablonenfutter, welches das anglizistische Kino heutzutage leider nur allzu oft dem Zahlungswilligen anbietet. Denn Menschen, die niemals komplett außer sich waren, halten die Alltagsratio trügerischerweise für etwas Selbstverständliches. Sie wiegen sich in einer bigotten Unerschütterlichkeit, die nicht nur hochmütig und langweilig ist, sondern auch gefährlich. Wenn „The Red Shoes“ (1948) nicht der bestgemachteste Film über künstlerische Besessenheit ist, welcher ist es dann? Diese Tour de Force schafft es Horror mit Charme und Romantik zu verbinden, Angst mit Inspiration. Subversion und Spannung werden sowieso erwartet. Die Konvergenz dreier Kreativer, im Volksmund auch Dreiecksbeziehung genannt, endet nie gut und selten ohne Drama. Figur Nummer eins ist Boris Lermontov (Anton Walbrook). Der Direktor ist von einer fast dämonischen Besessenheit ergriffen, das perfekte Ballett zu inszenieren. Der zweite ist Nachwuchskomponist Julian Craster (Marius Goring). Er ist talentiert, ehrgeizig und reinherzig. Als dritte im Bunde kommt die Tänzerin Victoria Page (Moira Shearer) hinzu. Anfangs unbemerkt, nimmt sie Boris schließlich unter seine Fittiche und spornt sie zu Höchstleistungen an, denn Julian neues Werk „Die roten Schuhe“ benötigt eine Prima Ballerina.

Während sich Victoria in Julian verliebt, drängt sie Boris immer wieder zu ihrer künstlerischen Profession. So ist sie hin- und hergerissen zwischen Liebe und Kunst. Zu Beginn der Ballettvorführung nimmt der Zuschauer die Perspektive eines Theaterzuschauers ein, aber schon bald verlässt er den Realismus des Theaters und betritt ein filmisches Universum. Das Spiegelbild von Vicky, die roten Schuhe bekleiden magisch ihre Füße, tanzt mit einer Zeitung in Zeitlupe. Nicht nur die Choreographie und Kinematographie in dieser Sequenz ist beispiellos, sie enthält auch die wesentliche Komponenten von Vickys Psyche. Visionen von Julian und Boris werden halluziniert, ihre Paranoia und Leidenschaft gleichzeitig reflektiert.  Moira Shearers erreicht eine unglaubliche Präsenz. Neben Joel und Ethan Coen sind The Archers Michael Powell und Emeric Pressburger das wohl interessanteste Filmduo in der Geschichte des Films. Ihr Credo lässt sich mit den Worten Powells gut zusammenfassen:“It isn’t really a belief in mysticism, it’s a feeling that there is more to it than meets the eye.“

Joris J.

The Archers: Filme von Michael Powell & Emeric Pressburger, 1. bis 23. April, Kino Arsenal, Programm unter www.arsenal-berlin.de

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