Jörg Fauser zum 25. Todestag
Jörg Fauser zum 25. Todestag
„Ich bin kein netter Mensch, sondern Schriftsteller, einer der Dunkelmänner also, die für die älteste Agentur der Welt arbeiten – die Agentur für Sprache und Zweifel!“ Dieses Selbstbildnis Jörg Fausers offeriert so einiges, aber längst noch nicht alles über den Junkie, Lebemann, Journalisten, Poeten, Essayisten, Romancier und Drehbuchautoren. Dass dieser Wegbereiter der deutschen Popliteratur nunmehr seit 1987 nicht mehr am Leben ist und sicher noch ein Œuvre entwickelt hätte, dass dem akademischen Literaturbetrieb gefallen hätte, wird wohl kaum bezweifelt werden können. Ob dies allerdings nach seinem Geschmack gewesen wäre, bleibt fraglich. Mit Anfang Vierzig wird er vom polnischen Literaturpapst Reich-Ranicki beim Ingeborg-Bachmann-Preis verrissen. Für Fauser eine Art Adelung, stellte er sich doch zeitlebens gegen den gängigen Literaturbetrieb mit seiner Segnung der so genannten akademischen Weisheiten.
„Writing is my business“ sagte Jörg Fauser mal in einem Interview und auch das wurde, wohl wie so einiges von ihm, falsch verstanden. Es wurde ihm vorgehalten, ja zum Vorwurf gemacht, nicht der Literatur, nicht der Kunst wegen zu Schreiben, sondern weil es ein Geschäft ist. Doch wenn jemand sein Geschäft gut betreibt, und das tat Fauser, kann das doch meist nur gut sein und werden, wenn eine gewisse Leidenschaft dahinter steht. Und ob nun Trivialliterat hin oder großer Schriftsteller her – Fauser schrieb leidenschaftlich über das Leben der deutschen Befindlichkeiten und gesellschaftlichen Vorkommnisse der 1970er und 80er Jahre, wie kaum ein Zweiter seiner Zunft. Seine verdichtete Sprache und punktgenaue Beschreibung dessen, was er mit Narkotika-getrübten und dennoch stets wachen Auge beobachtete, bringt dem Leser Geschichten bei, die er wahrhaftig selbst erlebt, wenn er Fauser’s Stoff konsumiert. Der Outlaw beschritt tiefe Abgründe und gab sich Exzessen hin, die oft mit denen von Rockstars verglichen werden und die wohl auch verantwortlich waren für seinen relativ frühen Tod. Angetrunken stolpert Fauser am 17. Juli 1987, er ist gerade 43 Jahre alt geworden, aus einer Kneipe und wird auf einer Autobahn bei München von einem Lkw tödlich erfasst
Anlässlich des fünfundzwanzigsten Todestages zeigt nun das Kino Lichtblickk in der Kastanienallee vom 12. bis 18. Juli täglich (außer am Freitag) zwei Streifen von, über und mit Jörg Fauser. Zum einen die deutsche Produktion „C’est la vie Rrose“ (1977) von Hans-Christof Stenzel, einem aus allen Genre-Rastern fallenden Reise-Dokumentarfilm, für den Fauser das Drehbuch schrieb. Zum anderen kann man den Menschen, Journalisten und den Autor in „Rohstoff – Der Schriftsteller Jörg Fauser“ (2006) von Christoph Rüter etwas näher betrachten und sich vielleicht auch ein Bild davon machen, ob Reich-Ranicki nun Recht hatte. Der Regisseur und Dokumentarfilmer Rüter wird an einem der Vorstellungsabende, am Todestag Fausers, persönlich eine um ein Interview erweiterte Version des Dokumentarfilms zeigen und sicher etwas darüber erzählen können, was das nun für einer war, dieser Fauser.
Sven Bruelke