Wotan Wilke Möhring: Als Punk zur Bundeswehr

Als Punk zur Bundeswehr


Für seine Rolle in „Der letzte schöne Tag“ gewann er gerade den Deutschen Fernsehpreis, nachdem er 2011 schon mit diesem als Teil des „Homevideo“-Ensembles ausgezeichnet wurde. Wotan Wilke Möhring wird ab 2013 als „Tatort“-Kommissar ermitteln. Im Interview spricht der Schauspieler über seine Schauspielkarriere, seinen aktuellen Film „Mann tut was Mann kann„, wichtige Nebenrollen, geheimes „Tatort“-Gucken und das Fernsehniveau in den USA.

Herr Möhring, wie hat Ihnen „Mann tut was Mann kann“ gefallen?
Für Schauspieler findet beim ersten Sehen des dann noch ungemischten Films eine Art Abgleich statt. Du siehst nicht nur deine eigenen Szenen, sondern auch die deiner Kollegen. Da waren einige lustige Momente dabei, die durch den Schnitt viel besser funktioniert haben, als beim Dreh. Ich finde ihn gelungen, der smoothe Charakter der Figur Paul, der Dinge ganz anders macht, als Wotan die machen würde, hat mir Spaß gemacht.

Entwickeln Sie schon beim Drehen ein Gefühl dafür, ob der Film etwas wird oder er vielleicht nicht ganz den eigenen Vorstellungen entsprechen wird?
Es ist schwer, nur Filme zu drehen, die man selbst sehen will. Du machst ja bestimmte Filme aus einer Haltung heraus, für ein bestimmtes Publikum. Manchmal zähle ich da mehr dazu und manchmal weniger. Der Film war von vorne herein so angelegt, dass er für jeden etwas parat haben sollte. Nach den ganzen Dramen, wie zum Beispiel „Der letzte schöne Tag„, war mir wichtig, mich in einer Leichtigkeit auszuprobieren, die ich lange nicht mehr hatte.

Die Frauen in „Mann tut was Mann kann“ verfolgen alle das Ziel, irgendwie zu heiraten. Wie haben Sie das Frauenbild im Film wahrgenommen?
Das war ein Element der Figur Paul: Er mutierte vom Jäger zum Gejagten. Männer reklamieren in der Regel dieses Jägerdasein für sich. Vielleicht sind Männer aber nur eine Karte im Spiel der Frauen. Du bist nicht der große Hengst, sondern wirst benutzt, um den anderen eifersüchtig zu machen. Wie Frauen die Männer benutzen, die selbst glauben, sie würden die Frau erobern, war mir neu. Paul merkt irgendwann, dass die Frauen die Regisseure seines Lebens sind.

Sie drehen sehr viel und decken eine große Bandbreite ab, die von anspruchsvollen Arthouse-Filmen bis zur leichten Komödie reicht. 2009 haben Sie in einem SZ-Interview einen mangelnden Marktwert beklagt. Hat sich das in den letzten drei Jahren verändert?
Die Wahrnehmung hat sich verändert. Gerade seit das große Fass „Tatort“ geöffnet ist. Aber insgesamt zahlen sich all die Rollen aus, die ich gespielt habe. Ich werde als Charakterdarsteller wahrgenommen, weil ich Geschichten erzählen will, die mir wichtig sind. Ich übernehme Verantwortung für die Figuren, die ich spiele. Letztlich bleibt aber alles bei einer Außenwahrnehmung: Dein Marktwert zeigt sich darin, dass du Filmschaffenden zu bestimmten Figuren einfällst. Dein Stellenwert erhöht sich, wenn du etwas vorzeigen kannst, dass du geleistet hast. Aber die Pyramide ist sehr steil da oben, du wirst auch kritischer beobachtet. Der Marktwert ist eine zweischneidige Angelegenheit, da du viele Freiheiten vermisst. Ich drehe immer noch Studentenfilme ohne Geld, denn du willst ja nicht nur die Masse befriedigen, sondern auch dich selbst. Herausforderungen müssen bleiben, sonst musst du zwei Jahre Pause machen. Herausforderungen sind mein Job.

Kürzlich sorgte der künftige „Tatort“-Kommissar Til Schweiger für Schlagzeilen, als er den berühmten Vorspann kritisierte. Würden Sie den Vorspann auch abschaffen wollen?
Ich will den Vorspann nicht abschaffen. Der „Tatort“ ist ein lebendiges Produkt, der viele soziale Themen visualisiert. Sein Inhalt wächst und verändert sich mit. Der „Tatort“ ist unser Lagerfeuer und der Vorspann die Fanfare, die uns zusammenruft.

Gibt es bei Ihnen ein „Tatort“-Ritual aus der Kindheit?
Nein. Bei uns wurde der Fernseher immer nur für ausgewählte Sendungen aufgebaut. Von daher habe ich meinen ersten „Tatort“ bei meiner Tante in Bremen geschaut. Das war ausgerechnet „Reifezeugnis“ von Wolfgang Petersen. Das durfte ich aber meinen Eltern nicht sagen, die hatten es mir nämlich verboten. Dieser Realismus hat mir als phantasievolles Kind zu Schaffen gemacht und Albträume beschert.

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