1. Spanisches Filmfest im Moviemento

Ambitionierte Amigos


"23F" erzählt die Geschichte der "längsten Nacht" der spanischen Demokratie. Foto: Spanisches Filmfest

"23F" erzählt die Geschichte der "längsten Nacht" der spanischen Demokratie. Foto: Spanisches Filmfest

Buenos dias! Die Berliner Filmfestivallandschaft darf ein new kid on the block begrüßen.  Das Spanische Filmfest präsentiert sich vom 6. bis 11. November im Kreuzberger Kino Moviemento. Ganz seinem südländischen Temperament entsprechend, gibt sich der Neuling alles andere als schüchtern.

So grüßt vom offiziellen Festivalplakat der Erstausgabe kein geringerer als Daniel Brühl. Der Darsteller mit spanischen Wurzeln und Zweitwohnsitz in Barcelona ist nicht nur engagierter Unterstützer des Festivals,  er spielt auch die Hauptrolle im Eröffnungsfilm „Eva“ (hier unsere Filmkritik). Ein großer Name für ein kleines Festival, der bestens zu den ambitionierten Zielen des Festivalleiters Santiago Gómez Rojas passt. Dieser hat es sich zur Aufgabe gemacht, der allgegenwärtigen Berichterstattung über die Krise in Spanien einen kreativ-positiven Farbtupfer zu verpassen.

Das Programm bietet den krisengeplagten Spaniern tatsächlich ein wenig Trost. Dass überraschend viele Filme in der Vergangenheit angesiedelt sind, könnte leicht als Flucht vor der Gegenwart missinterpretiert werden.  Stattdessen transportieren sie eine raffinierte Botschaft: Früher war auch nicht alles besser. So muss sich in „Capitan Trueno“ der gleichnamige Kreuzritter nicht nur blutrünstiger Muslime in Palästina sondern auch fieser Adeliger in der spanischen Heimat erwehren.  Das  gleiche Bild in „Águila Roja„, angesiedelt im 17. Jahrhundert. Halb Europa hat sich gegen Spanien verbündet und dem Helden wird ein kopfgeldjagender Kosake auf den Hals gehetzt.  „23F“ führt uns schließlich ins Jahr 1981. Der Politthriller beleuchtet historisch korrekt einen Putschversuch des Militärs, der beinahe das Ende der blutjungen spanischen Demokratie bedeutet hätte.  Es wird deutlich: Für Spanien hätte es auch schlimmer kommen können.

Mit einem unbestrittenen Highlight treten die Festivalmacher schließlich die Flucht nach vorne an. „Eva“ spielt in der nahen Zukunft.  Der angesehene Kybernetik-Ingenieur Alex (Daniel Brühl)  will nach zehnjähriger Schaffenskrise ein Roboterkind bauen. Als Inspiration dient die kleine Eva, die mit ihrer aufgeweckten Art sein Leben verändert.  Das moderne Drama wurde bereits auf dem Filmfest von San Sebastian gefeiert. Ebenso modern geht es  im stylischen Science Fiction-Thriller „Verbo“ zu.  Hier entdeckt die 15-jährige Sara eine neue Dimension, die ihr die Chance gibt, an den Grundfesten der irdischen Ordnung zu rütteln. Eine Möglichkeit, die einem Großteil der wütenden spanischen Jugend gefallen dürfte.

Dass die Festivalleitung bei all der Vergangenheits- und Zukunftsmusik die spanische Lebensfreude nicht vergessen hat, versteht sich von selbst.  In „El sexo de los Ángeles“ entspinnen drei junge Spanier eine ungewöhnliche Dreiecksbeziehung. „Catalunya über alles!“ setzt sich humor- und liebevoll mit der eigenwilligen Region Katalonien auseinander. In „El sueño de Iván“ kämpft der 11-jährige Iván im Zuge eines Benefizspiels gegen eine Weltauswahl der besten Fußballer. In Wahrheit spielt er jedoch um das Herz der süßen Paula.

Zusammen mit vier weiteren Doku-Filmen bietet das 1. Spanische Filmfest Berlin also allerhand Gesprächsthemen.  Gut, dass diese mit den Regisseuren Chema de la Peña („23F„), Ramon Térmens („Catalunya über alles!„) und Kike Maíllo („Eva„) persönlich ausdiskutiert werden können. Alle drei reisen für das Festival an.  Abgerundet wird das von der spanischen Botschaft und dem Instituto Cervantes geförderte Filmfest mit der Feed Soundspace Party. Spätestens jetzt liegt die Lehre dieses kleinen kulturell-historischen Exkurses auf der Hand: Krise hin oder her, die Spanier bleiben kreativ und partylustig.

Peter Correll

1. Spanisches Filmfest Berlin 6. bis 11. November, ino Moviemento, Programm unter www.berlinspanischesfilmfest.com