Interview mit Regisseur Danny Boyle zu „Trance“

Das strangulierte Kino


Regisseur Danny Boyle mit seinem Star Vincent Cassel am Set von "Trance". © 2013 Twentieth Century Fox

Regisseur Danny Boyle mit seinem Star Vincent Cassel am Set von "Trance". © 2013 Twentieth Century Fox

Schon mit seinem Debütfilm „Kleine Morde unter Freunden“ (1994), aber noch mehr mit seinem zweiten Werk, „Trainspotting – Neue Helden“ (1996), gelang dem 1956 in Radcliffe/England geborenen Danny Boyle der Durchbruch als Regisseur. Neben zahlreiche Auszeichnungen für seine Werke reihen sich seit 2009 auch Golden Globe und Oscar für „Slumdog Millionär„. Boyle sucht stetig neue Herausforderungen und übernahm 2012 die künstlerische Leitung für „Isles of Wonder„, die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in London. Im Interview spricht Regisseur Boyle über seinen Thriller „Trance„, stille Arbeiter im Schneideraum, seine Skepsis gegenüber Sequels und die Arbeit mit der Queen bei den Olympischen Spielen.

Mr Boyle, Sie arbeiten seit vielen Jahren erfolgreich im Filmgeschäft. Was braucht es, um Sie zu begeistern?
Danny Boyle:
Ich glaube, dass alles mit allem zusammenhängt, selbst Gespräche wie unseres tragen zu Entscheidungen bei. Aber letztlich entscheide ich eher instinktiv. Normalerweise versucht dein Agent ja nach einigen Erfolgen verzweifelt, Sequels für dich an Land zu ziehen, aber die wecken kein Feuer in mir. Mit meinen Filmen ist es wie mit Frauen: Ich verliebe mich in sie und kann das meinen Freunden nicht erklären, kann das nicht analysieren. Würde ich das nämlich können, würde es mein Agent schaffen, mich von einträglicheren Projekten zu überzeugen. Das ist verrückt, aber fühlt sich für mich nur so organisch an. Filme an sich sind sehr technisch und im Entstehungsprozess sind viele Schritte vorgegeben. Ich mag es aber, wenn nicht jeder Schritt vorgezeichnet ist. Das birgt Gefahren, aber nur so kann Großes entstehen.

Wie kamen Sie zum Thema Identität, das Sie in „Trance“ ausführlich beleuchten?
John Hodge, der „Trainspotting“ schrieb, ist Arzt, praktiziert aber nicht mehr. Sein großes Thema ist Identität. In „Trance“ gibt es dazu eine Sequenz, in der sie als eine zerbrechliche Kette von Erinnerungen beschrieben wird. Erinnerungen, die nicht akkurat geordnet sind. Unsere Erinnerungen an dieses Gespräch hier werden sich unterscheiden. Welche ist denn nun wahr? „Trance“ stellt die Frage, was passiert, wenn die Kette unterbrochen wird. Was impliziert das? Die letzten Filme, die wir gemacht haben, drehten sich um Erinnerungen.

Sie meinen auch „Slumdog Millionär„?
Ja, das war ein Film darüber, wie unser Held mit Hilfe seiner Erinnerungen die Fragen der Show lösen kann. Bei „127 Hours“ ist das Einzige, was dem verunglückten Kletterer aus seiner Situation raus hilft, die Macht der Erinnerungen. In „Trance“ geht es eher um gestohlene Erinnerungen, die es wieder zu finden gilt. James McAvoy sieht immer wie jemand aus, der etwas wissen müsste, sich aber nicht erinnern kann.

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