Festivalleiterin Julia Kuniß im Interview zur 9. Russischen Filmwoche
Ein ausgewogenes Bild von Russland und russischer Kinematographie
Mit Alexei Balabanow ist in diesem Jahr einer der bekanntesten aber auch kontroversesten Regisseure Russlands verstorben. Gab es Überlegungen sein Werk in die diesjährige Filmwoche mit einzubeziehen?
Aber selbstverständlich! Wir wollten eine Retrospektive seiner Werke zeigen. Gescheitert ist dieses Vorhaben leider an den überhöhten Vorführgebühren, die das vier- bis fünffache eines normalen Festivalpreises übertrafen. Das ist so schade, eigentlich ärgerlich. Die Rechteinhaber ließen nicht mit sich verhandeln. Sie dachten wohl, wenn, dann müssen wir jetzt Kapital aus seinen Filmen schlagen, die Nachfrage war sicherlich groß. Aber nur ganz große Festivals können sich solche Gebühren leisten. Über dieses Verhalten kann ich mich nur aufregen.
Es ist euch wieder gelungen einige Schauspieler und Regisseure in die deutsche Hauptstadt zu lotsen. Welchen Stellenwert hat die Russische Filmwoche in Berlin in der russischen Filmlandschaft? Habt ihr euch in acht Jahren bereits eine Reputation in Russland erarbeitet?
Mittlerweile ist unser hohes Niveau auch in Russland bekannt geworden. Die russischen Medien berichten viel über uns. Filmemacher, die schon hier waren, kommen sehr gerne wieder.
Die Deutschen sehen ihre eigene Filmlandschaft meist sehr kritisch. Welchen Ruf genießt der deutsche Film in Russland?
Deutsche Filme – außer vielleicht die von und mit Til Schweiger – besetzten leider bis auf sehr wenige Ausnahmen auch die Festival-Nische. Aber es gibt zum Glück ein mit uns vergleichbares Festival, von German Films veranstaltet, das jährlich direkt nach uns in Moskau startet und die neuesten deutschen Filme in Russland ins Kino bringt.
Die Proteste nach den Präsidentschaftswahlen zeugen von einem neuen Selbstbewusstsein der russischen Bevölkerung. Die Russische Filmwoche hatte im letzten Jahr Filmstudenten aus Russland nach Berlin geladen und so den Kino-Nachwuchs kennengelernt. Wird sich der gesellschaftliche Wandel in den nächsten Jahren auch im russischen Film widerspiegeln?
Natürlich, sehen Sie sich „Ein langes und glückliches Leben“ an.
Die Fragen stellte Peter Correll.
Die 9. Russische Filmwoche findet von 27. November bis 4. Dezember 2013 in Berlin statt.