Interview mit Linda Söffker, Leiterin der Berlinale-Sektion Perspektive Deutsches Kino

Söffker: Wir kümmern uns um die, die es schwerer haben



Kleinere Filme sind das Thema. Wie beurteilen Sie aktuelle Strömungen, etwa den Berlin oder auch German Mumblecore mit seinen Akteuren, die bei der Berlinale nicht stattfinden?
Ich habe ein großes Herz für die Filme von Axel Ranisch oder von Jakob Lass. Beide machen Filme, die frisch sind, gute Laune verbreiten und trotzdem Tiefe haben. Dass beide noch nicht auf der Berlinale waren, hat u.a. mit den Produktionsabläufen zu tun. Bei Love Steaks“ (hier unsere Kritik) war ich z.B. traurig, dass er erst im Sommer fertig war und damit nicht für die Berlinale in Frage kam. Der hätte wie die Faust aufs Auge in die Perspektive gepasst, ähnlich übrigens wie Aaron Lehmann und sein Kohlhaas“ (hier unsere Kritik).
Auch Dietrich Brüggemann ist ein Teil dieser Mumblecore-Familie. Sein „Neun Szenen“ lief damals in der Perspektive. Er macht jetzt geförderte Filme, wie übrigens auch Axel Ranisch, der mit dem Kleinen Fernsehspiel koproduziert. Die Kunst ist eher, sich die Frische und Unabhängigkeit zu erhalten. Darin ist diese Gruppe schon ziemlich stark, die unterstützen sich gegenseitig, arbeiten mit den gleichen Leuten und erweitern gleichzeitig den Kreis.

Weiterlesen: Mehr über den Berlin Mumblecore.

Aber Ranischs „Alki Alki“ hätte doch laufen können…
Ich freue mich sehr auf Ranischs neuen Film. Aber aus der Perspektive ist er raus gewachsen. Wäre es nicht sein vierter Film und wäre Axel nicht schon so bekannt, hätte ich das gerne gemacht. Alle bei der Berlinale schätzen seine Filme, es wäre schön, einen Ranisch bei der Berlinale zu zeigen.

Weiterlesen: Berliner Filmfestivals-Interview „Auf den Wellen des Moments reiten“ mit Axel Ranisch.

Der erste und einzige Filmemacher, der von der Perspektive in den Wettbewerb kam

Besteht Konkurrenz mit den anderen Sektionen um deutsche Filme?
Ich empfinde keine Konkurrenz-Situation unter den Sektionen bei der Berlinale. Wir arbeiten an einem gemeinsamen Festival! In dem Fall bin ich die Delegierte für den deutschen Film. Mir geht es darum, dass der deutsche Film qualitativ gut bei der Berlinale vertreten ist. Wenn ich einen genialen Nachwuchsfilm sehe, bin ich die erste, die den an die anderen Sektionen weiter empfiehlt. Im besten Fall an den Wettbewerb, wie im letzten Jahr Kreuzweg“ (hier unsere Kritik). Brüggemann war bisher der erste und einzige Filmemacher, der von der Perspektive in den Wettbewerb kam.

Bei all den Lieblingen, die sie ausgewählt haben. Welches Werk sollte niemand verpassen?
Bei einem kleinen Programm mit 14 Filmen sind Tipps unglaubwürdig. Ich als Kuratorin stelle doch alle in einen Wettbewerb und denke damit, dass sie allen einen Preis gewinnen können. Ich will keinen herausheben.

Durch seine Programmierung ist sicher der Eröffnungsfilm exponiert…
Einen Eröffnungsfilm zu programmieren ist nicht einfach. Man will das Profil der Reihe dort finden. Er soll einen Startschuss geben. Wir feiern danach die deutsche Filme Party, da wollen wir keinen Film vorher zeigen, aus dem die Zuschauer völlig verstört rauskommen, um danach bei uns zu feiern. Aber das ist sicher nur ein Aspekt unter vielen.

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