Festivalbericht vom Göteborg Film Festival (29.1.- 8.2.2021)


Eine starke Stimme aus Dänemark: PERSONA NON GRATA (Lisa Jespersen, 2021 DK)

PERSONA NON GRATA © Göteburg Film Festival 2021

PERSONA NON GRATA erzählt vom merkwürdigen Limbo-Zustand unbewältigter Vergangenheit, von ungelösten Familienkonflikten und alten Wunden, die immer wieder aufgerissen werden.

Laura, oder Irina (Rosalinde Mynster), wie sie sich inzwischen nennt, ist Schriftstellerin. Ihren großen Durchbruch hatte sie mit einem autobiographischen Roman, in dem sie mit ihrer Jugend im ländlichen Dänemark, ihren Eltern, die nicht für sie da waren und vor allem ihrer jugendlichen Erzfeindin Catrine (Anne Sofie Wanstrup) abrechnet. Die hat ihre Jugend, so sagt Laura/Irina, zur Hölle gemacht, ist der Grund für ihre schwierige Beziehung zu ihrer Familie, ihrem Heimatort, dem ländlichen Dänemark allgemein. Sie kehrt also zurück, anlässlich der Hochzeit ihres Bruders und muss feststellen, dass eben jene Catrine die Braut ist und damit nicht genug, in Lauras/Irinas Abwesenheit hat sie ihren Platz in der Familie eingenommen, kennt ihre Eltern in und auswendig und soll gar den Blumenladen der Mutter übernehmen. Es folgen Hochzeitsvorbereitungen und eine Feier, deren Konflikte ins Absurde ausarten (wie es bei Familienfesten oft passiert) und in denen keine*r der Protagonist*innen ungeschoren davon kommt.

Als Zuschauer*innen spüren wir Lauras Frustration, ihre Wut darüber, weder damals noch heute ernst genommen worden zu sein. Dabei geht es nicht wirklich darum, wie schlimm Catrine tatsächlich gewesen ist, sondern darum, dass Lauras /Irinas Verletzungen nie gesehen wurden. Laura/Irina fühlt sich weder im Kreis ihrer Familie noch im selbst gewählten Leben der Kopenhagener Intellektuellen-Szene zu Hause. Die schmerzhaft-absurden Folgen dieser inneren Zerrissenheit zeigt der Film, ohne Partei zu ergreifen. Regisseurin Lisa Jespersen schafft es, sowohl Lauras/Irinas urbanes, Viel-Gerede-um-Nichts-Hipstertum als auch die Engstirnigkeit ihrer Familie kritisch unter die Lupe zu nehmen, ohne einer Seite Menschlichkeit und Vielschichtigkeit abzusprechen. Außerdem gelingt es ihr, ein akkurates Bild von familiären Konflikten und dem Gefühl ohnmächtiger Wut, das sie hinterlassen, zu zeichnen.

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