„Wir haben noch lange keine Gleichberechtigung.“ – Interview mit den Filmemacherinnen Tizia Florence, Amy Benkenstein, Anna-Maria Hadorn und Olivia Lina Gasche


Das Team von KISS BABSI, BANG BANG! vlnr.: Tizia Florence, Amy Benkenstein, Olivia Lina Gasche und Anna-Maria Hadorn © vlnr.: Gormazing Unicorns, Elena Zaucke, Janina Wagner, Camila Berrio

Das Team von KISS BABSI, BANG BANG! vlnr.: Tizia Florence, Amy Benkenstein, Olivia Lina Gasche und Anna-Maria Hadorn © vlnr.: Gormazing Unicorns, Elena Zaucke, Janina Wagner, Camila Berrio

Selbstbestimmung, Zusammenhalt und Solidarität, Fremdbestimmung der eigenen Sexualität, Täter-Opfer-Umkehr (Victim Blaming) und Bewältigung von traumatischen Erlebnissen: Das sind die ernsten und wichtigen Themen, die die vier Filmemacherinnen und Freundinnen Tizia Florence (Regie und Drehbuch), Amy Benkenstein (Schauspiel und Drehbuch), Anna-Maria Hadorn (Schauspiel und Sponsoring) und Olivia Lina Gasche (Schauspiel und Produktion) in ihrem außergewöhnlichen Filmprojekt mit dem Arbeitstitel KISS BABSI, BANG BANG! auf unterhaltende Weise erzählen. Der Film handelt von Babsi, die glaubt, jemanden umgebracht zu haben. Die Leiche liegt in ihrem Blumenladen und muss verschwinden. Unterstützung bei der Entsorgung erhält sie von den Geschäftsführerinnen eines Männerbordells.

Mit einer startnext-Kampagne sucht das Filmteam derzeit nach Unterstützer*innen, die die finanzielle Realisation des Projekts ermöglichen. Berliner Filmfestivals befragte die vier Filmemacherinnen zu ihrer Motivation und zum Konzept von KISS BABSI, BANG BANG! (AT).

Bei KISS BABSI, BANG BANG! (AT) verhandelt ihr Themen wie sexualisierte Gewalt und Fremdbestimmung. Dies sind wichtige aktuelle Themen gesellschaftlicher Diskussionen. Von wem stammt die Idee für das Projekt und wie habt ihr zueinander gefunden?

Olivia Lina Gasche: Auf Facebook teilte ich einen Beitrag zum Thema „sexualisierte Gewalt“. Darauf folgte online eine mehrtägige Diskussion mit der ich nicht gerechnet hätte. Die Reaktionen waren zum Teil hitzig bis aggressiv. Ich wollte das Thema offline behandeln. Und weil ich das große Glück habe, so tolle Freundinnen zu besitzen, die in derselben Branche arbeiten, habe ich ein erstes Treffen organisiert.

Anna-Maria Hadorn: Olivia war für mich die Initialzündung. Ich hatte schon länger eine Idee zu einem Film zum Thema „Übergriffe im Alltag“ und war somit direkt „on board“. Vor etwa einem Jahr ging das Thema wieder durch die Medien und Olivia trommelte uns vier zusammen. Wir kannten uns zwar schon davor, sind aber durch die Zusammenarbeit – trotz Zoommeetings – noch näher zusammengerückt.

Trotz der ernsten Themen liest sich die Inhaltsangabe auch sehr humorvoll. Würdet ihr den Film einem bestimmten Genre zuordnen?

A-M H: Dieses schwierige Thema auf humorvolle Weise zu erzählen, ist nicht einfach und erfordert viel Sensibilität, um nicht plump und unangemessen zu werden. Wir wollen uns durch eine etwas absurd-komische Erzählweise mit leicht märchenhaft angehauchten Figuren dem Thema nähern, aber die Ernsthaftigkeit der Thematik natürlich beibehalten.

Tizia Florence: Ein gewisser Unterhaltungswert muss sein. Wir wollen Menschen ansprechen, die sich mit dem Thema vielleicht noch nicht vermehrt auseinandergesetzt haben. Deshalb haben wir das Genre einer schwarzen Komödie gewählt.

OLG: Tragikkomödie!

Amy Benkenstein: Ne Olivia, das ist doch eher Science-Fiction. Wir haben noch lange keine Gleichberechtigung. Wir spielen drei Superheldinnen.

TF: Dann ist das doch eher Action!

Eure Hauptfigur Babsi schafft es selbst den Tathergang um den Toten in ihrem Blumenladen zu rekonstruieren und erkennt nicht nur, dass sie nicht die Täterin ist, sondern hinterfragt auch ihr komplettes bisheriges Leben in Hinblick auf Fremdbestimmung. Ist ein Ziel eures Films, für solch eine größere Perspektive zu sensibilisieren?

TF: Auf jeden Fall. Das Thema liefert eine Menge Diskussionsmaterial. Es ist oft nicht einfach, zu beurteilen, wo ein sexualisierter Übergriff anfängt und aufhört. Die Symptombehandlung ist ein erster Schritt, aber letztendlich wollen wir die Ursachen ergründen. Woher kommt dieses gefestigte Frauen- und Männerbild, aus welchem wir uns so schwer lösen können? Mit dem Film möchten wir das Thema wenigstens anschneiden, auch wenn kaum Zeit bleibt, es vollständig zu ergründen.

A-M H: Gerade die Generation an Frauen vor uns mussten diese Themen oft still mit sich verhandeln und haben vieles einfach ausgehalten. Babsi wird aber aus ihren starren Strukturen herausgerissen, wird somit konfrontiert und muss dadurch ihre erlernten Denk- und Glaubensmuster durchbrechen.

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