42. Filmfestival Max Ophüls Preis: BORGA von York-Fabian Raabe – Bester Spielfilm


Still aus BORGA von York-Fabian Raabe ©TOBIAS VON DEM BORNE

Still aus BORGA von York-Fabian Raabe ©TOBIAS VON DEM BORNE

Im nigelnagelneuen Anzug, parfümiert und stolzer Brust kehrt Kojo zum ersten Mal seit seiner Abreise in die Heimat zurück. Für alle hat er Geschenke dabei. Doch das Wiedersehen verläuft ganz anders als erwartet. Einen Borga in der Familie zu haben, scheint ein zweischneidiges Schwert zu sein. Ein Borga ist ein Heilsbringer und Verräter zugleich. Das Geld, das Afrikaner aus dem Ausland an ihre Familien schicken, ermöglicht nicht zwangsläufig ein besseres Leben für die Menschen in der Heimat. Für die, die es verdienen erst recht nicht. Von diesem Widerspruch handelt BORGA. Auch davon, dass dieser im Wesentlichen allen klar ist. Dass sich aber ein Teufelskreis gebildet hat, der von Erwartungen, Schuldgefühlen und Abhängigkeiten aufrecht erhalten wird, der, so scheint es, nur schwer zu durchbrechen ist.

Auf eindrückliche Weise inszeniert York-Fabian Raabe sein Sozialdrama um einen vielschichtigen Protagonisten. Er moralisiert nicht, er nimmt keine Partei. Auf die Liebesgeschichte und ein paar harmonistische Momente zum Schluss des Films hätte man zugunsten einer noch stringenteren und dichteren Form verzichten können, doch überzeugt BORGA insgesamt durch eine souveräne und reife Erzählperspektive. Große Stärke der Handlung ist der Verzicht, die Reise und die zwangsläufig damit verbundenen Schwierigkeiten des Protagonisten als emotionales Element auszuschlachten. Das geht nicht darum, ihn als Opfer darzustellen – auch nicht unbedingt als Täter, sondern in erster Linie als Menschen mit Träumen, Wünschen und Ängsten.

Die Zusammenarbeit mit Schauspieler Eugene Boateng, dessen Familie aus Ghana stammt und selbst seit Jahrzehnten in Deutschland lebt, hat dem Protagonisten das gewünschte Charisma und Tiefgründigkeit eingebracht. Nicht nur Boateng erbringt eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung, sondern auch die vielen unterschiedlichen Nebendarsteller.

Raabe beweist mit BORGA abgesehen von einer Sensibilität im Umgang mit einem polarisierenden Thema, auch eine formale Fertigkeit, wenn es um eine eigenständige Bildsprache und einem spannenden Erzählrhythmus geht.

Teresa Vena

BORGA, Regie: York-Fabian Raabe, Darsteller: Eugene Boateng, Adjetey Anan, Elikem Kumordzie, Jude Arnold Kurankyi, Prince Kuhlmann, Thelma Buabeng, Jerry Kwarteng, Lydia Forson, Ibrahima Sanogo, Christiane Paul

Während des Max Opühls Preises, das vom 18. bis 24. Januar stattfand, gewann BORGA nicht nur den Preis für den besten Spielfilm, sondern auch den Preis der ökumenischen Jury, den Preis für den gesellschaftlich relevanten Spielfilm und den Publikumspreis

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