„#uploading holocaust“ von Sagi Bornstein und Udi Nir



Es ist eine krasse Mischung, die Bornstein und Nir da auf die Leinwand bringen. Die Aufnahmen sind teils unaufgeregt, fast lapidar, dann wieder dringlich und fast schon provokativ. Besonders verstörend ist eine Szene an einem jüdischen Massengrab mit Kindern, die allesamt von der SS exekutiert wurden. Der Tourenführer fordert jeden der knapp Volljährigen auf, sich eines der Opfer vorzustellen. War es braun- oder schwarzhaarig, hatte es blaue Augen? Die Jugendlichen brechen zusammen, sie weinen, sie schreien.

Hier spätestens stößt das Experiment „#uploading holocaust“ an seine Grenzen: dem Publikum fehlt jeglicher Kontext, um die Filmfragmente einzuordnen. Es weiß nicht, ob diese Szene repräsentativ ist, ob die Jugendlichen danach psychologisch aufgefangen werden. Es kann nicht einschätzen, ob die Regisseure die hier Inhalten kuratieren, bewusst Auslassungen vorgenommen haben und den Blick bewusst steuern. Dieser bittere Nachgeschmack verleidet einem den wichtigen Denkprozess, den „#uploading holocaust“ eigentlich anstößt. So fragt man sich beispielsweise, ob das gesellschaftlich verordnete, aktive Erinnern an die eigene Geschichte und die absolute Identifikation mit den historischen Wunden nicht viele nationalistische Entscheidungen und Entwicklungen in Israel erklärt. Und paradoxerweise fragt man sich andererseits, ob es die Täterseite Deutschlands es nicht vielleicht sogar versäumt hat, einen kollektiven Mechanismus zu entwickeln, der aktives Erinnern zum Bestandteil der politischen Kultur macht. Vielleicht wäre dann heute die Geschichtsblindheit des politischen Diskurses in Deutschland nicht mehr so ohne Weiteres möglich.

Marie Ketzscher

#uploading holocaust„, Regie: Sagi Bornstein und Udi Nir

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