„Atomic Blonde“ von David Leitch


Charlize Theron zeigt in "Atomic Blonde" als Agentin, was in ihr steckt. (c) Jonathan Prime/ Universal Pictures

Charlize Theron zeigt in „Atomic Blonde“ als Agentin, was in ihr steckt. (c) Jonathan Prime/ Universal Pictures

Martial Arts-Kämpfer, Stuntman und Actiondesigner
Regisseur David Leitch feierte mit „John Wick“ 2014 sein Debüt und für Juni 2018 ist seine nächste Regiearbeit „Deadpool 2„angekündigt, wieder eine Comicverfilmung. Leitch arbeitete lange Zeit als Stuntman und doubelte Schauspielergrößen wie Matt Damon und Brad Pitt. Außerdem ist er professioneller Martial-Arts-Kämpfer und führt gemeinsam mit Chad Stahelski die Actiondesignfirma 87 Eleven. Dieser Hintergrund erklärt die besonders gelungenen und authentischen Kampfszenen. Die qualitativen Höhepunkte von „Atomic Blonde“ liegen in diesen mitreißenden und energiegeladenen Momenten.

Die Kameraarbeit von Jonathan Sela, mit dem Leitch auch bei „John Wick“ zusammenarbeitete, bleibt hautnah am Geschehen. Vermeintlich ohne Schnitte steigt mit jeder Sekunde die Spannung. In der Schlüsselszene – einem heftigen Kampf im Treppenhaus eines verfallenen Gebäudes – gipfelte der Film in einer knapp zwölfminütigen und perfekt choreografierten Nahkampforgie. Die Agentin funktioniert dabei so einiges zur Waffe um, etwa die elektrische Doppelherdplatte, wie man sie aus Singleapartments und Studentenwohnheimen kennt. Das tut beim Zuschauen richtig schön weh.

THERON, THERON, THERON
David Leitch war vom Körpereinsatz und den Fähigkeiten seiner Hauptdarstellerin Charlize Theron vollends beeindruckt, sodass er veranlasste die Kampfszenen auszuweiten. Theron genoss das Ausfeilen der Choreografien und die physischen Herausforderungen, die üblicherweise die Stuntdouble erledigen. Das macht das Endprodukt wirklich beeindruckend, intensiv und schlagkräftig. In einer Szene muss Theron sich aus einem in der Spree versinkenden Auto retten. Selbst hier springt kein Double ein. Charlize Theron ist auf allen Ebenen der Mittelpunkt des Films und hat ihn sogar mitproduziert. So erschließt sich auch der Titel „Atomic Blonde„, der keinen inhaltlichen Bezug hat, sondern allein für das Marketing gedacht ist. Ihre extraganten Kostüme, ihre knallharte Brutalität und ihr eiskalter Charme machen sie zum strahlenden Stern am Actionhimmel.

Alles im allem ist „Atomic Blonde“ ein gelungener Actionthriller mit einer starken Bildgestaltung und fesselnden Kampfszenen. Nur die Dramaturgie, die Twists und die Handlung sind nicht besonders herausragend. Daran ändern die inneren Monologe über das schwere Schicksal des Agententums auch nichts. Überladen mit altbekannten 80er-Hits versucht man schnell mit Musik Emotionen zu produzieren und mit dem Holzhammer Atmosphäre zu erzeugen. Was anfangs beeindruckt und mit fetten Synthies in die Kinosessel presst, verläuft sich nach der ersten halben Stunde und strengt an. Erst als die Handlung wieder Fahrt aufnimmt und die Kampfszenen ohne Gedudel auskommen, steigt die Spannung zu ihrem Höhepunkt an.

Karl-Leontin Beger

Atomic Blonde„; Regie: David Leitch; DarstellerInnen: Charlize Theron, James McAvoy, John Goodman, Sofia Boutella, Til Schweiger, James Faulkner, Eddie Marsan, Roland Møller, Bill Skarsgård, Barbara Sukowa, Johannes Johannesson und Toby Jones; Kinostart: 24. August

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