Berlinale-Filmkritik: „Maladies“ von Carter


Den Ex-Soap-Star James beruhigt das Freizeichen... Foto: (c) Pamela Berkovic

Den Ex-Soap-Star James beruhigt das Freizeichen... Foto: (c) Pamela Berkovic

Der Sound des Freizeichens

Sie sind eine merkwürdige WG, die beiden Künstler und besten Freunde James und Catherine sowie James kleine Schwester Patricia. Während sich die Malerin Catherine (Catherine Keener) ihren Bildern und dem gelegentlichen Crossdressing in Männerkleidern hingibt, hadert der ehemalige Serienschauspieler James (James Franco) mit seinem Schicksal als Autor. Schwester Patricia raucht derweilen verbotenerweise im Wohnzimmer und bemalt heimlich Catherines Werke. Besuch bekommt das merkwürdige Trio ab und zu von ihrem Nachbarn, der James hemmungslos anhimmelt. James Marotten, etwa zur Beruhigung dem Freizeichen eines abgenommenen Telefonhörers zu lauschen, sich auf der Strasse einfach mal hinzusetzen oder sich mit Stimmen zu unterhalten, die nur in seiner Wahrnehmung zu ihm sprechen, bilden über weite Strecken den einzigen Fokus in „Maladies“ unter der Regie des New Yorker Künstlers Carter.

Catherine fungiert dabei stets als mütterliche Freundin und schließt mit James einen Pakt: Sollte einer von beiden sterben, vollendet der andere sein künstlerisches Werk. Wie die unheilvolle Ankündigung eines bevorstehenden Dramas klingt dieses Gespräch aber nicht – eher wie die narzisstischen Macken eines sich in der Sinnkrise befindlichen Künstlers, der Angst hat, niemals etwas wirklich Bedeutsames zustande zu bringen oder eben noch keine rechte Ausdrucksform für sein naiv-abstraktes Schaffen gefunden hat.

Um das zu verdeutlichen, ist der Film mit beinahe kindlichen Aphorismen bestückt, wie etwa den Kapitelüberschriften „Die Leute verstehen oftmals nicht wie sensibel andere Leute sind“ oder „Alles muss gemacht werden und es muss von jemandem gemacht werden.“ Auch James Meditation über Moby Dick: „Es gab Tage, an denen es keinen Moby Dick gab. Und dann – puff! – war da Moby Dick“ wirkt wie der unausgegorene Verweis auf einen privaten Diskurs, den die befreundeten Allround-Künstler Carter und Franco bei der Entwicklung des Buches geführt haben.

Wirklichen Zugang bekommt der Zuschauer zu diesen Weisheiten nicht. Der Protagonist James changiert eher zwischen einer Kunstfigur des Malers und Bildhauers Carters, der sich kurzzeitig der Kunstform Film angenommen hat und einem nervigen Egomanen, der die wahre Künstlerin Catherine von der Arbeit abhält. Darauf, dass James tatsächlich in den letzten zwanzig Filmminuten in Richtung Borderliner abdriftet, ist der Zuschauer jedenfalls nicht wirklich vorbereitet. Weder James Francos jungenhaftes Mimenspiel noch die Dramaturgie dieses fragmentarischen Kunstfilms lassen darauf schließen.

Cosima Grohmann

Di 12.02. 17:00 Cubix 9 (D)
Mi 13.02. 14:00 International (D)