„Die Karte meiner Träume“ von Jean-Pierre Jeunet



Der sonst stille T.S. bricht als blinder Passagier im Güterzug nach Washington auf und reist einmal quer durch die USA. Begleitet von sich stetig ändernden, atemberaubenden Landschaftsaufnahmen, lernt T.S. auch außerhalb seiner Familie allerhand skurrile Persönlichkeiten kennen und erfährt nicht zuletzt mehr über seine Mutter, deren Tagebuch er für die Reise entwendet hat.

Während sich die Eltern in Montana um den verschwundenen Sohn sorgen und ihn als vermisst melden, hat T.S. sein Ziel Washington und die triumphale Rede vor den so bewunderten Smithsonians im Blick. Und bei all dem gibt es noch diese Sache, die auf T.S. und seiner gesamten Familie lastet und über die nie jemand zu reden gewagt hat.

„Die Karte meiner Träume“ entfaltet eine fantastisch gefärbte Welt, die gekennzeichnet ist von T.S. kindlichem Wissensdurst und Entdeckerdrang. Dank seiner Intelligenz ist der Junge selbst vielen Erwachsenen überlegen. So wirkt er reifer, als sein Alter es vorgibt – und bleibt dennoch ein Kind. Der aufgeweckte Charakter von T.S. wird durch Skizzen und Karten, die der Romanvorlage von Reif Larsen entnommen sind, sowie durch Pop-Up-Bilder und Einspieler seiner Gedanken visualisiert.

Die gesamte Bildwelt und Farbästhetik des Films erinnert an Wes Andersons „Moonrise Kingdom„, was vielleicht auch nicht zuletzt dem Typus der Hauptrolle geschuldet ist. Die Besetzung der Rollen ist perfekt kalkuliert. Besonders Helena Bonham Carter, die dieses Mal nur verschroben und nicht irre wirkt, wie etwa in ihrer Rolle der Menschenfleischpasteten backenden Mrs. Lovett in „Sweeney Todd“ oder die der erbarmungslosen Todesserin Bellatrix Lestrange in „Harry Potter„. Als Mutter ist die Carter der Idealfall. Dass der Film derart überzeugt, ist natürlich dem Regisseur Jean-Pierre Jeunet geschuldet, der sich durch die Schaffung der „Fabelhaften Welt der Amélie“ fest in der Erinnerung jedes Filminteressierten verankert hat und bereits hier bewiesen hat, wie viel Fantastik im Leben steckt.

Cindy Böhme

DarstellerInnen: Kyle Catlett, Helena Bonham Carter, Judy Davis, Robert Maillet, Kinostart: 10. Juli 2014, DVD-Start am 28. November 2014

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