„Hagazussa“ von Lukas Feigelfeld


HagazussaRegisseur und Autor Lukas Feigelfeld inszeniert eine düstere Vision vormodernen Lebens, in der Aberglaube und Religion zu menschlichen Abgründen führen. Die Schwäche der Ausgestoßenen wird schamlos ausgenutzt. Es bleibt kein Platz für Zärtlichkeit ohne bitteren Nachgeschmack. Eindringlich Bilder visualisieren die
Abgeschiedenheit und Ausgestoßenheit. Die Alpen werden in einer beklemmenden Enge inszeniert. „Hagazussa“ kommt beinahe ohne die weiten Panoramen des Alpenkitschs, aber nicht mit ohne Romantik aus. Vernebelte Landschaften und düstere Schauderbildwelten wie der Wald bei Nacht, das Dickicht oder das Moor schaffen eine alptraumhafte Stimmung. Kamerafrau Mariel Baqueiro sammelt lyrische Bilder zum Gruseln: Trophäen thronen bedrohlich an der Wand. Der Totenkopf der verstorbenen Mutter ist der Hausschrein. Schlangen winden sich um Albrun während sie schläft. Maden kriechen durch ihre Zehenzwischenräume.

Die Handlung verweilt dabei in kleinen Gesten und Andeutungen. Nicht viel passiert und schon gar nichts Übernatürliches, wenn, so gleich Abscheuliches. „Hagazussa“ begleitet eine immer Verstoßene, während sie ihren Verstand und ihre Menschlichkeit verliert. Zu viel der Demütigung. Zu wenig Liebe.
Die emotionalen Zustände Albruns werden durch die exzessive Tongestaltung (Niklas Kammertöns), die mutig mit Horror und Mystery-Bausteinen jongliert, spürbar. Er arrangiert dröhnende Bässe, beklemmende Stille und plötzliche Geräusche wirkungsvoll.

Nur die Dramaturgie ist sperrig und gerade das letzte Drittel schleppt ein wenig. Die Erwartungen, die ein Mystery- oder Horrorfilm hervorruft, bleiben zwar unerfüllt, aber das Spiel mit ihnen gelingt.“Hagazussa“ provoziert am meisten in einer Montagesequenz, in der sich Albrun bei Melken einer Ziege ihrer fleischlichen Lust hingibt. Hingebungsvoll melkt sie die prallen Zitzen, im Rhythmus spritzt Milch. Sie presst sich an den flauschigen Körper und greift an die glatten Hörner. Albrun stöhnt vor Lust. Die Ziege meckert.

Leontin Beger

Hagazussa“ Regie: Lukas Feigelfeld, Darsteller: Aleksandra Cwen, Tanja Petrovsky, Claudia Martini, Celina Peter Kinostart: 17. Mai 2018

Regisseur Lukas Feigelfeld durfte sich am 24. September über den First Steps Award für den besten abendfüllenden Spielfilm freuen!

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