„Harms“ von Nikolai Müllerschön



In Deutschland entstehen Film und noch mehr Kino in der Regel mit öffentlichen Fördergeldern. Einem Mechanismus, dem sich Regisseur Nikolai Müllerschön und Heiner Lauterbach, der nicht nur die Titelrolle spielt, entziehen und „Harms“ als den harten Gangsterfilm produzieren, den sie sich wünschen. Die beiden wussten, dass Thriller wie „Harms“ oder auch „Stereo“ kaum eine Chance auf diese Art von Geldern haben und wollten sich ihren Plot nicht verwässern lassen.

Weiterlesen: Hier unsere Kritik „Auf Genrestreifzug mit Vogel & Bleibtreu“ zu „Stereo„.

Trotzdem gelang es den beiden dank ihrer hervorragender Kontakte ein bemerkenswertes Ensemble, aus dem Axel Prahl als Ganove Menges und Friedrich von Thun als Knauer hervorstechen, zu versammeln. Nicht zuletzt dem bis in die kleinen Nebenrollen top besetzten Cast ist zu verdanken, dass „Harms“ über lange Strecken als Gegenentwurf zum gängigen deutschen Kinoschaffen funktioniert. Angesiedelt in einem düsteren München, das kaum wieder zu erkennen ist, rotten sich Ganoven an der einsamen Würstchenbude zusammen. Drum herum nichts und erst am Horizont tun sich freudlose Sozialbauten aus. Harms und Konsorten gönnen sich nur kurze gedankliche Ausflüge in eine Welt, die dahinter sein muss, die ihnen mit dem anvisierten Reichtum offen stehen könnte. Interessant an der Figurenzeichnung: Müllerschöns Helden haben deutlich mehr Fehler als Talente. Sie sind mit sich selbst beschäftigt und müssen immer wieder unter den Fehlern ihres verpfuschten Lebens leiden. Sie steuern unweigerlich auf die Katastrophe zu.

Diese Unzulänglichkeiten im Sinn kippt der Gangsterfilm sogar am Ende vom Heist-Movie fast in Richtung Sozialdrama, wäre da nicht die konstant hochgefahrene, aber nie stilisierte Action, die verhindert, dass Raum für allzu großes Mitgefühl bliebe. An diesem Punkt des Kippens, verpasst „Harms“ den passenden Ausgang und will Zuviel. Die sich zuspitzende Handlung verliert an Stringenz, weshalb das Finish nicht gelingt. Gescheitert ist dieses Indie-Projekt von Protagonisten, die sonst eher im Mainstream anzusiedeln sind, deshalb keineswegs. Denn die Botschaft hinter „Harms„, die Botschaft die im Subtext der Produktion zu finden ist, lautet: Traut euch! Deutscher Film, deutsches Kino kann mehr sein als regionale Feel-Good RomCom und stoisches Arthouse-Drama.

Denis Demmerle

Harms„, Regie: Nikolai Müllerschön, Darsteller: Heiner Lauterbach, Axel Prahl, Friedrich von Thun, André Hennicke, Valentina Suaca, Benedikt Blaskovic, Kinostart: 12. Juni

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