„Ohne dich“ von Alexandre Powelz



Ohne dich“ ist sicherlich dort am stärksten, wo der Mikrokosmos, also die Interaktion im Vier-Augen-Gespräch, in den Fokus rückt. Die Liebesszenen und Dialoge zwischen Rosa und Marcel sind hervorragende, intensive Momente und die Riemann spielt die schöne Todeskranke, die sich nicht vom Krebs klein kriegen lässt, famos und eindringlich. Ähnlich gelungen sind Mottes Zwiegespräche mit ihrem besten Freund, wenn auch vielleicht etwas unbeholfener. Doch die in „Ohne dich“ Short-Cuts-mäßig inszenierten Überschneidungen zwischen den drei Schauplätzen, die schlussendlich auch den zweifelhaften Kulminations- und Wendepunkt bedeuten, wirken leider nicht immer glücklich, zudem die Geschichten unterschiedlich gewichtet werden. Das Liebesleben der Putzfrau wird beispielsweise nie so relevant wie die junge Schwangerschaft oder Rosas Todeskampf.

Zudem leidet Powelz’ Film an den Unarten eines jeden Melodrams, in dem der größte Schmerz mit der größten Albernheit (hier: zwei übertrieben lange Tanzszenen, eine davon zu ritueller, afrikanischer Musik sowie Marihuana-induzierte Lachflashs im Angesicht des Todes) kontrastiert werden muss. Dass das Drama dabei nicht völlig in den Kitsch entgleitet, ist vor allem der porträtierten Eigenwilligkeit der drei weiblichen Hauptcharaktere und ihrer Weigerung, sich einem irgendwie gearteten Schicksal durch Anpassung oder Lethargie zu ergeben, geschuldet. Wäre also das Drehbuch noch wenig runder und ausbalancierter, man könnte fast von erfrischenden Beziehungskonstellationen sowie originellen, weiblichen Lebensentwürfen sprechen. Dem Optimismus, der dem Schluss des Filmes innewohnt, kann man deshalb auch nur vorbehaltlos zustimmen – „Ohne dich“ ist längst nicht das Ende der Geschichte.

Marie Ketzscher

Ohne Dich„, Regie: Alexandre Powelz, DarstellerInnen: Katja Riemann, Charly Hübner, Meral Perin, Bijan Zamani, Arne Gottschling, Rolf Hoppe, Kinostart: 4. September 2014, auf DVD ab 17. Juli 2015

Weiterlesen: Unser Festivalbericht „Beziehungsdramen am deutschen Kies-Strand“ vom 10. Festival des deutschen Films in Ludwigshafen.

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