„Vor uns das Meer“ von James Marsh
„Ich gehe, weil ich keinen Frieden habe, wenn ich bleibe.“ England 1968. Donald Crowhurst (Colin Firth) ist Familienvater, Ehe- und Geschäftsmann. Er führt ein einfaches und bescheidenes Leben. Bis er mit seinem selbstgebauten und -konstruierten Trimaran „Teignmouth Electron“ am „Sunday Times Golden Globe Race“ teilnimmt. Sein Ziel ist es, die Welt alleine und ohne Zwischenstopp möglichst schnell zu umsegeln. Von dem Preisgeld möchte er seine Firma retten und seiner Familie ein besseres Leben bieten. Die Unternehmung steht unter keinem guten Stern. Crowhurst geht am 31. Oktober 1968 als Letzter ins Rennen. Sein Mut und seiner Entschlossenheit werden mehr als einmal auf die Probe gestellt.
Neun Segler traten die abenteuerliche Reise an. Voraussetzung war es nicht Profisegler zu sein, dann hätte Crowhurst mit seinen Amateur- und Hobbykenntnissen nicht teilnehmen können. Es war wohl eher das Streben nach Aufmerksamkeit, Ruhm und Abenteuer, welche Crowhurst zu dem Entschluss brachten. Der gesunde Menschenverstand hätte schon beim nicht fertig gestellten Boot, mit dem er ins Rennen gegangen ist, geraten, das Vorhaben abzubrechen. Crowhurst wollte die „Old Clipper Route“ meistern, vorbei am Kap der guten Hoffnung, Kap Hoorn und Kap Leenwin. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich Donald eingestehe musste, dass dieses Vorhaben zum Scheitern verurteilt war. Sein Boot war langsamer als gedacht und nur bedingt hochseetauglich. Crowhurst fing an, den Funkkontakt in seine Heimat abzubrechen beziehungsweise falsche Koordinaten seines Aufenthaltes durchzugeben. Sein Boot wurde unbemannt am 10. Juli 1969 auf dem Atlantik, knapp 2000 Meilen vor der britischen Küste, entdeckt.
Der Film „Vor uns das Meer“ beruht auf wahren Begebenheiten und beschäftigt sich mit den Fragen: Was war damals wirklich geschehen? Was brachte Donald Crowhurst dazu Rekordgeschwindigkeiten vorzutäuschen und das ganze Vorhaben nicht einfach abzubrechen? Das Drama lebt von seinen unerwarteten Vorkommnissen und Wendungen, die den Hobby-Segler ganz langsam in den Wahnsinn trieben. Der Traum vom großen Abenteuer, wurde zum Alptraum und zerstörte ihn am Ende.
Inszeniert wird die erstaunliche Story von Regisseur James Marsh, der bereits 2014 mit „Die Entdeckung der Unendlichkeit“ mit Oscar-Preisträger Eddie Redmayne in der Hauptrolle, ein bewegendes und von der Realität inspiriertes Biopic auf die Leinwand brachte. „Vor uns das Meer“ basiert auf der wahren, aber der breiten Masse eher unbekannten, Geschichte des Donald Crowhurst, der bis heute als verschollen gilt. Marsh‘ setzt bei seiner Filmauswahl den Fokus meist auf reale Geschichten, die bewegen, erstaunen und den Atmen rauben. Mit „Vor uns das Meer“ erschafft er ein stilles, tiefgründiges Drama mit unerwarteten Abgründen und vielen Emotionen. Im Vorfeld ergründete der Regisseur die abenteuerliche Reise des Donald Crowhurst – aber auch sein Herz und seine Seele.
Was genau auf dem Meer geschah, wird wohl immer ein Geheimnis bleiben, aber die Interpretation der Dinge durch Marsh zeigt einen selbstbewussten Mann, der sich seinen allerletzten Entschluss nicht leicht gemacht hat. Seine Selbstüberschätzung und das nicht erreichte Ziel, wurden dem Mittdreißiger zum Verhängnis. Marsh recherchierte intensiv in Archivmaterial, den Tagebücher und Logbüchern, sowie Donalds Tonbandaufnahmen, um ihn zu verstehen. Er porträtiert einen Hobbysegler in seiner ganzen Verletzt- und Zerrissenheit, auf seiner körperlichen und seiner mentalen Reise.
Die Kamera liefert immer wieder wunderbare Aufnahmen vom Meer, welche idyllisch und bedrohlich zu gleich sind. Das Meer ist unberechenbar und wechselt seine Stimmung stündlich. Vor allem aber zeigt uns Marsh mit dieser Geschichte, wohin Vereinsamung eines Menschen führen kann. Wir bekommen intensive Einblicke in das Seelenleben dieser Figur. Aber auch die Gefühle und Emotionen seiner Frau Clare Crowhurst (Rachel Weisz) bleiben dem Zuschauer nicht fremd. Schnell wird klar, dass die Filmemacher bei dieser Story Wert darauf legen, die Geschichte, die sie über diese realen Personen erzählen, möglichst authentisch zu vermitteln.