Fantasy Filmfest 2011: Ein Fazit
Fünf Fragen
Das Fantasy Filmfest hat sich aus Berlin verabschiedet und tourt noch bis zum September durch die Lande. Wir haben in diesem Jahr viel Zeit im Kinosaal verbracht und uns nun bei strahlendem Sonnenschein am Potsdamer Platz getroffen, um über Höhen und Tiefen der diesjährigen Ausgabe zu sprechen.
Gab es denn einen „besten Film“?
Joris: Für mich war das „Super„. Der Superheld stellt Macht gleichermaßen als Zeichen und Tätigkeit dar, doch eigentlich sind alle Superhelden als Menschen Totalversager und ziemlich bedauernswert. Kein mir bekannter Film räumt dermaßen gut mit Allmachtsfantasien und postpubertären Träumereien auf und ist dabei so unverschämt bösartig. Nach dem Sehen hatte ich ein ähnliches Gefühl wie nach „Rope“ oder „Artschool Confidential“ – die gehören mit zu meinen liebsten Filmen.
Martin: „Super“ hat mich mit gemischten Gefühlen zurückgelassen. Drastisch und zynisch ist James Gunns Beitrag zum Thema „Superheldentum“ und ein Fingerzeig auf die Selbstherrlichkeit sogenannter Retter im Namen einer höheren Macht. Damit muss er zwangsläufig zu den spannendsten Beiträgen des diesjährigen Festivals zählen. Eindrucksvoller war dennoch Sion Sonos „Cold Fish„. Wieder einmal verbindet der Japaner spielerische Erzählkunst mit groteskem Humor. Liest sich Sonos Geschichte anfangs als banales Drama eines Versagers, weitet sie sich geradezu zügellos zu einem pornographischen Blutakt aus. Eine Inszenierung voller Brüche, die, das kennt man schon von „Strange Circus“ und „Love Exposure„, trotzdem nie auseinanderfällt.
Ist eine Szene hängen geblieben?
Joris: „3D Sex and Zen – Extreme Ecstasy„. Ich habe mir fast einen Bauchmuskel gezerrt, als der Protagonist sein Gemächt gegen das eines Esels eintauschte und anschließend 100 Frauen beglückte.
Martin: Auch wenn „Norwegian Ninja“ nicht die Skurrilität hält, die er in den ersten 15. Minuten verspricht, hat mich die Idee, eine Insel mittels Feng Shui zu verteidigen doch sehr amüsiert. So wertvoll die moderne Technik sein mag, sie kommt nicht an gegen eine gut ausgerichtet Skulptur.
Wann war die Langeweile besonders groß?
Joris: Jeder hat von Zeit zu Zeit eine Vorahnung und ich ahnte Furchtbares, als der Regisseur vor das Publikum trat, um seinen Film „Hell“ anzukündigen. Die drei Drehbuchautoren müssen bei der Recherche dieses Machwerks wohl in ihre heimischen Videotheken gestürmt sein, um die Aushilfsblondine mit der Bitte zu nötigen: „Suche uns doch mal die erfolgreichsten Horrorfilme der letzten zehn Jahre heraus.“ Entstanden ist kruder Blödsinn, der gerne tiefschürfend sein möchte. Logiklöcher, blasse Schauspieler, hirnverbrannte Dialoge. Die Deutschen stehen nach wie vor auf Kriegsfuß mit dem Genrekino.
Martin: Ich muss dir zustimmen, auch wenn ich die Dialoge und die Schauspieler gar nicht mal so schlimm fand. Verwirrt hat mich, dass Regisseur Tim Fehlbaum offensichtlich kein Interesse daran zeigt, die zur Schau gestellte Dystopie wirklich auszuloten. Eine Gruppe Überlebender, die nach Wasser sucht, vor der Hitze der Sonne flieht, Hunger hat und in ständiger Gefahr vor Räubern leben muss, hat entweder alle Zeit der Welt, weil sie eh nichts mehr zu verlieren hat, oder sie muss alles tun, vor allem konsequent sein. Wie sonst überlebt man das Ende einer Gesellschaft? (Faktor Zufall natürlich immer vorsichtig mit eingeschlossen.) An beidem ist „Hell“ nicht interessiert. Schade.