Festivalbericht: Around The World in 14 Films

Hüter des Grotesken - zwischen Clowns, Sheriffs und Neonazis


Peter Stormare in "Smalltown Murder Songs"

Peter Stormare in "Smalltown Murder Songs"

Eine Geschichte von Gewalt und dem Umgang mit solcher konnte man auch in Ed Gass-DonnellysSmalltown Murder Songs“ verfolgen, wo der gealterte Polizist Walt (Peter Stormare) aus einer kanadischen Kleinstadt versucht, sein ruhiges Leben zu schützen. Diese wird nämlich durch einen Mord gestört, was nicht nur die Kleinstadt verständlicherweise verunsichert, sondern auch Walter an sein früheres Leben als Gewalttäter erinnert. Der eindringliche Soundtrack kontrastiert hier besonders gut die beruhigende Landschaft Kanadas und unterstreicht die seelischen Abgründe der einzelnen Kleinstadtbewohner. Irgendwo zwischen der Bilderwelt von „A History Of Violence“ und „Copland“ muss der Protagonist, dessen Schauspieler für die Rolle extra 25 Kilo zunahm, wortkarg zwischen seinem manichäischen Weltbild und seiner früheren Unbeherrschtheit hin-und herwechseln, um den Fall zu lösen und wieder Frieden zu finden. Ein Film, der sich ein bisschen zu kurz anfühlt, dafür aber jede einzelne Einstellung nutzt, um den Zuschauer zu überzeugen.

Mitte der 1980er Jahre war der Neue Deutsche Film in die Jahre gekommen und reagierte weinerlich auf den Verlust der politischen und ästhetischen Utopien. Vom personellen Verlust ganz zu schweigen. Fassbinder starb. Kurt Raab starb. Der eine an Herzversagen, der andere an Aids und nach „Fitzcarraldo“ widmete sich Werner Herzog der Oper. „Das polierte Kommerzkino“ wurde nach Eric Rentschler „für viele junge deutsche Filmemacher zum neuen El Dorado„. Vergleicht man „Manta, Manta“ aus dem Jahr 1991, das den Durchbruch für Til Schweiger bedeutete, mit Fassbinders „Lola“ aus dem Jahr 1981, zeichnet sich eine qualitative Talfahrt ab, die in der Geschichte des Kinos wohl einmalig sein dürfte. So hieß es am 1. Dezmeber „Quo vadis Deutsches Kino?“, wo Hanns-Georg Rodek (Die Welt), Film-Journalist Rüdiger Suchsland, Produzent Martin Hagemann und Felix Neunzerling (Zoom Medienfabrik) Meinungen und Erfahrungen austauschten. Im diagnostischen Teil hatte das Gespräch durchaus seine Momente. So gibt es Drehbuchautoren, die nur dafür schreiben, um Fördermittel einzustreichen, eine verjährte Gesetzeslage und den Zwang, immer teuere Filme zu produzieren, da der Markt immer stärker umkämpft ist. Dem gegenüber war der prognostische Teil fragwürdig. Die Trennung von Theater-, Film-, und Fernsehschauspielern, wie es Hanns-Georg Rodek vorschlug, wird so nicht funktionieren. Wer will einem Kreativen schon so etwas vorschreiben? Und mehr Geld wird auch nicht automatisch zu besseren Filmen führen. („Hell“ von Regisseur Tim Fehlbaum aus dem Jahr 2011 dürfte ein Vielfaches von der bereits erwähnten „Lola“ aus dem Jahr 1981 gekostet haben). Deutsches Kino zeichnet sich im Schnitt in fast jedem Aspekt ganz und gar durch topische Geschichten von Außenseitern aus, die irgendwie irgendwas fürs Leben lernen.

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