Teil zwei von Delicatessen – Das Berliner Tischgespräch im Dezember

Crowdfunding ist demokratisch


Blick ins Restaurant Luchs

Blick ins Restaurant Luchs

Das Problem Distanz

Behn: Wir haben uns Startnext bewusst ausgesucht, weil es neu war. Wir wussten, dass es so nicht zu viel Konkurrenzangebote auf der gleichen Seite geben wird – und dass ihr euch Mühe geben werdet.

Theil: Regionalität spielt eine Rolle beim Crowdfunden. Wieso sollte ich Geld über eine amerikanische Plattform schicken, wenn alles hier in Berlin passiert.
Behn: Wir haben uns den leider nicht erfolgreichen Crowdfunding-Versuch der Asian Hot Shots bei „Kickstarter“ angesehen, die eine unglaublich gute Fan-Base haben und unheimlich renommiert sind. Als Problem haben wir die Distanz identifiziert. Mit unseren Sponsoren läuft es ähnlich.

Saltzwedel: Wie seid ihr anfangs ran gegangen?

Behn: Wir wussten, wir müssen mit Bewegtbild arbeiten. Wir müssen das Medium suchen. Also arbeiteten wir Kuratoren als Filmemacher. Obwohl wir aus der anderen Richtung kommen, wissen wir auf einer theoretischen Ebene, wie Film funktioniert. Von daher lag unser Augenmerk auf dem Pitch-Video. Schwierig für uns war die Gratwanderung zwischen lustig und professionell . Nur weil ich ein Comedy Festival mache, bin ich nicht per se lustig. Ich nehme das Festival sehr ernst.

Nach dem Essen bringt eine finale Kaffeerunde mit Cappuccino und Espresso den Tisch noch einmal auf Trab.

BFF: Fördern Filmfestivals Filme?

Lass: Für mich als Filmemacher sind Filmfestivals wichtig, weil ich dort erstmals ein Feedback für meine Arbeit bekomme und erste Kontakte knüpfen kann, um weitere Filme machen zu können. Da kommt den Jurys von Festivals eine besondere Rolle zu, da diese kleine Gruppe viel entscheidet. Für uns Filmemacher spielen Festivals Gott.

Saltzwedel: Gremien-Schelte ist immer schwierig. Kommt bei uns ein Projekt herein, das außerordentlich ist, sehen wir das. Alle wollen dann, dass dieses Projekt gemacht wird. Mein Generalverdacht ist, dass es allen Gremien in Deutschland so geht. Denn die Realität zeigt, es gibt wenig außerordentliche Projekte, wenig Spitzenmaterial. Das Meiste hinkt in irgendeiner Form, ist aber trotzdem nicht schlecht. Unser Problem liegt in diesem Medium-Bereich, wo vieles okay ist. Crowdfunding sehe ich als geeignet für diesen Bereich, denn vielleicht entsteht dieser Medium-Bereich auch, weil jeder durch die Gremien muss. Festivals finde ich von daher interessant, weil viele Filme, die früher im Arthouse-Kino liefen, heute ihren Markt auf Festivals finden. Da werden aber die verkauften Tickets nicht gezählt bzw. einbezogen, weshalb eine Referenzzahl fehlt.

Lass: Crowdfunding bezieht sich auch auf ein – wenn auch sehr viel größeres – Gremium. Mir war im Bezug auf Festivals wichtig zu sagen, dass es sich dort um die Selektion einer sehr kleinen Gruppe handelt. Ich möchte eher eine Veränderung im Jury-Gedanken bei Festivals sehen, wenn es eben nicht den einen, herausragenden Film gibt, sondern meinetwegen drei, die in unterschiedlichen Disziplinen überzeugen.

Behn: Aus Machersicht besetzen wir mit Festivals eine immer größere Nische, in der sich Filme finden, die sonst nirgends mehr auftauchen würden, weder im Mainstream, noch im Arthouse-Kino. Gerade Komödien haben es in der momentanen Kinolandschaft sehr schwer. Die sind schwieriger. Drama funktioniert immer. Nicht jeder hat den selben Humor. Komödien fallen unheimlich schnell bei den Verleihern durch – und da setzen wir an. Es gibt relativ viele Komödien im Kino, aber die amerikanischen Komödien sind von ihrer unheimlich langweiligen Erzählstruktur her alle gleich. Dazu kommt auf einer feineren Basis diese europäische Arthouse-Pseudo-Komödie, die auch nach dem gleichen Strickmuster funktioniert. Wann habt ihr die letzte asiatische Komödie gesehen? Die amerikanischen Komödien, die wir zeigen, sind richtige Indie-Filme und nicht von Majors, die auf Indie machen. Der größte Teil unseres Film-Line-Ups ist vollkommen unbekannt. Einzig „The Greatest Movie Ever Sold“ ist eine kleine Hinwendung zum Mainstream.

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