Festivalbericht zum 9. Internationalen Fußballfilmfestival 11mm

Wirbel um einen alten Film


"The Other Chelsea"-Regisseur Jakob Preuss im Zuschauergespräch, Foto: Martin Daßinnies

"The Other Chelsea"-Regisseur Jakob Preuss im Zuschauergespräch, Foto: Martin Daßinnies

EM-Gastgeber im Visier

Entgegen den 90er Weltmeistern blieb Maier der Sieg beim Filmfestival vergönnt. Er wird es verschmerzen. Den Hauptpreis, den Publikumspeis die „Goldene 11“, errang mit „The Other Chelsea“ von Jakob Preuss eine Dokumentation, die 11mm im Rahmen des Schwerpunktthemas Polen und Ukraine, wo in diesem Jahr die Fußball Europameisterschaft stattfinden wird, zeigte. Preuss, der für sein Werk am gleichen Tag auch mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde, erhielt den Preis während der abschließenden shortkicks-Gala, dem Kurzfilm-Wettbewerb von 11mm und traditionellem Abschluss des Festivals. Andreas Ulrich vom rbb, der durch den Abend führte verriet er auf der Bühne: „Bisher dachte ich immer, Fußballleute würden meinen Film nicht so sehr mögen. Deswegen freue ich mich ganz besonders, den Preis des 11mm Fußballfilmfestivals gewonnen zu haben.

In seiner Doku steht weniger das rollende Leder im Vordergrund, sondern das, was es mit den Leuten im östlichsten EM-Spielort macht und wie sich Machtträger den Fußball zu nutzen machen. Er begleitet die Fans Sascha und Valja in die Schächte des Kohlereviers oder den aufstrebenden Kolja, der nach Zusammenbruch der Sowjetunion ein Vermögen mit Immobilien machte und unverblümt seinen Einfluss als Regionalpolitiker ausweitet. Doch letztlich hängen alle in Donezk am Tropf des Milliardärs Achmetov, der sein Geld in Stadt und Stadion pumpt und natürlich Präsident des Vereins Schachtjor Donezk ist. Wie alle in Donezk ist er Gegner der Orangen Revolution, die den Westen der Ukraine veränderte und das Land spaltete.

Ein verdienter Sieger, der sich gegen eine ganze Reihe vollkommen unterschiedlicher und dennoch bemerkenswerter Fußballfilmwerke behaupten konnte. So näherte sich Regisseur Felix Grimm mit „Das ganze Stadion“ einem Spiel des FC St. Pauli aus gleich 14 Kamera-Perspektiven, ohne auch nur eine davon aufs Spielfeld zu richten. Der Zuschauer erlebt ein bebendes Millerntor-Stadion-Geräusch – reduziert im Glaskasten der Polizeikoordinationsstelle und  aus Sicht einer Mutter und ihres Sohnes oder des Capos, wie der tonangebende Ultra auf dem Zaun genannt wird. Fußball abstrakt – und nicht minder eindrucksvoll.

Ganz anders: „Nie mehr Oberliga“ von Philipp Klages. Der Regisseur liefert einen überaus kuriosen, sehr langen, aber unterhaltsamen Einblick in die Niederungen des Fußballs, die er durch den zwischenzeitlichen Niedergang „seines“ Vereins Fortuna Düsseldorf miterleben musste. Dank des sich abzeichnenden Happy Ends – Fortuna klopft an die Tür zur Bundesliga – eine Zeit, die seine Protagonisten, zu denen auch der Bundesligaprofi Axel Bellinghausen gehört, sicher verschmerzen können und launig verklären.

1 2 3