Immer Donnerstags: Shortcutz
Kurzfilme bei Wein und Kippe
Zum Monatsgewinner wurde dann aber am letzten Donnerstag im März Nico Sommers Kurzfilm „Schwarz Weiß Deutsch“ gekürt, der im Mockumentary-Stil einen Deutschen und seine schwarze Freundin auf dem Sofa portraitiert, die vor lauter Klischees und Vorurteilen geradezu überschäumen. Ob schwarze, attraktive Männer sich nun tatsächlich immer „fette weiße Frauen“ als Partnerin aussuchen, muss hier nicht beantwortet werden, aber der Regisseur konnte sich an diesem Abend über ein lachendes Publikum, zwei Freigetränke und ein Leihkontingent in der Filmkunstbar freuen. Sommer wird außerdem an der Wahl zum Berliner Jahressieger teilnehmen dürfen und mit etwas Glück schafft er es dann vielleicht sogar bis in die Endrunde, wenn alle Shortcutz-Städte nach Jahresabschluss gegeneinander antreten. So geschehen ist das bereits im vergangenen Jahr, als der Berliner Beitrag „Zwischen Himmel und Erde“ von York-Fabian Raabe die internationale Konkurrenz bei der Netzwerkgala ausstach.
Doch Shortcutz Berlin bietet mit seinen festen Programmbestandteilen Guest Short und Special Guest auch Raum für Filme, die aufgrund von Überlänge, Alterserscheinungen oder dem fehlenden deutschen Produktionskontext durch das Raster des Wettbewerbs fallen. Dies traf beispielsweise auf „EWE“ von Johannes Franke zu, eine Dystopie ganz im Sinne Orwells „1984“, in der die Bürger sich gegenseitig via Monitoring überwachen. Nur mit statischen Bildern inszeniert, was irgendwie entfernt an eine Windows-Foto-Slideshow erinnerte, brachte der Film am Ende die Erkenntnis hervor, dass Überwachung doch gar nicht so übel ist, wenn dadurch Verbrechensstatistiken wirksam reduziert werden. Beim anschließend lebhaften Q&A, was bei Shortcutz zum soliden Standard gehört und grundsätzlich auf Englisch abgehalten wird, distanzierte sich der Regisseur aber lieber wieder von dieser Haltung. Noch weniger überzeugend wirkte leider der Special Guest-Beitrag „Wat Buddhavihara“ von Gilbert Brüning. Beim Besuch eines Thai Tempels in Berlin filmte Brüning die verschiedenen Rituale und Bräuche der thailändischen Gemeinschaft und unterlegte die Bilder mit dem gebetsmühlenartigen Kommentar eines dort residierenden Mönchs, was sich alles andere als fesselnd auf das Filmkunst-Publikum auswirkte. Nach dem Screening fand sich schließlich ein etwas resignierter Regisseur an der Bar wieder, der auf die Frage „Wie fandest du meinen Film?““ eine durchaus konstruktive Antwort erhielt und anschließend beleidigt von dannen zog. Kritikfähigkeit ist eben eine Gabe.
Wer am Shortcutz-Programm teilnimmt, ob nun als Filmemacher oder Zuschauer, kann sich also auf abwechslungsreiche Abende und interessante Diskussionen mit Profis, Amateuren, Filmliebhabern und alldonnerstäglichen Stammgästen einstellen, die spätestens im Sommer Zuwachs bekommen, wenn wieder die Touristenscharen die Reichenberger Straße bevölkern. „Shortcutz versteht sich als fester Bestandteil im Berliner Kulturprogramm. Wenn jemand Kurzfilme schauen und sich von verschiedenen Genres, Aspekten und Stilrichtungen überraschen lassen will, dann kann er hier jeden Donnerstag herkommen und wird genau das bekommen“, sagt Milena, die regelmäßig die Veranstaltungen hostet. Übrigens zahlt sich hier die deutsche Tugend Pünktlichkeit besonders aus: Wer zu spät kommt, muss meistens im Stehen gucken.
Alina Impe
Shortzcutz Berlin jeden Mittwoch in LAGARI, Infos und Termine unter http://shortcutzberlin.wordpress.com