Too Drunk To Watch im Moviemento

Intensivkurs Punk


"The Future Is Unwritten" - Julian Tempels Porträt eines begnadeten Rebellen:

"The Future Is Unwritten" - Julian Tempels Porträt eines begnadeten Rebellen:

Das ist schon beachtlich: Quasi im Alleingang hat Cornelius Schulz das 1. Punkfilmfest Too Drunk To Watch auf die Beine gestellt, welches vom 9. bis 13. Mai im Moviemento Kreuzberg stattfinden wird. Ein gelungenes Nebenprojekt zum tatsächlichen Tagesgeschäft mit F.A.M.E.D. Records, das derzeit seinen ersten 10-inch Release feiert. Der Mann meint es also ernst. Denn nicht nur so ein Engagement spricht für sich, sondern auch die Too Drunk To Watch-Filmauswahl. Schulz versammelt an fünf Tagen so einiges, was für die individuelle Punkipedia von Nutzen sein könnte. Der Hauptschwerpunkt liegt hierbei selbstverständlich auf Dokumentarfilmen, die subkulturelle Aufbrüche quer durch Zeitgeschichte und Kontinente nachzeichnen. Fundgrube also nicht nur für alle, die dem Punk huldigen, sondern auch jene, deren Interesse an Underground und Counterculture nach neuem Input verlangt.

Der Eröffnungsfilm „Bloodied But Unbowed“ (Susanne Kumi Tabata, CAN 2010) portraitiert die Vancouver Punk-Rock-Szene zwischen den späten 70er und frühen 80er Jahren mithilfe von Interviews und Footagematerial – eine gängige Methode, auf die fast alle der gezeigten Filme zurückgreifen. Im Ursprung: Der kulturelle Mikrokosmos, umzingelt von einer tendenziell feindlichen Wolke, bestehend aus Gleichförmigkeit und Gehorsam. Ein symptomatisches Spiel, zu dessen Beobachtung Too Drunk To Watch aufruft und am 10. Mai in geballter Dosis zu erleben ist: „Our Nation: A Korean Punk Rock Community“ (Stephen J. Epstein, USA 2002), „Beijing Punk Movie“ (Shaun M. Jefford, USA 2010), „Noise & Resistance“ (Francesca Araiza Andrade & Julia Ostertag, D 2011), „Punk In Africa“ (Keith Jones & Deon Maas, 2011) und „Ostpunk – Too Much Future“ (Michael Boehlke & Carsten Fiebeler, D 2006).

Erklärtes Ziel ist es, den Geist des Punk einzufangen. Fast schon Lehrfilmniveau erreicht „Punk’s Not Dead“ (Susan Dynner, USA 2007), der so ziemlich jedem Hype-Partizipanten der 80er/90er Jahre Gesprächsminuten einräumt. Mutmaßlich interessanter und zu gesitteter Nachmittagsstunde: „You weren’t there – Chicago Punk History 1977-1984“ (Joe Losurdo & Christina Tillman, USA 2007). Fokussiert auf einen einzigen Protagonisten (und was für einen!) hingegen ist „Joe Strummer – The Future Is Unwritten“ (Julien Temple, UK 2007). Absolut empfehlenswert! Den Pfad des Dokumentarfilms verlassen „Punk Rock Holocaust 1&2“ (Doug Sakmann, USA 2004) und „Hard Core Logo 1&2“ (Bruce McDonald, CAN 1996). Während ersterer in launiger Horror-Slasher-Manier daherkommt (Anmerkung: „Attack Of The Living Dead Punkers“ dürfte geschmacklich in eine ähnliche Kerbe hauen), ist „Hard Core Logo“ eine nicht ganz unbeachtete Mockumentary über die Selbstzerstörung des Punk-Rock, abgearbeitet anhand der gleichnamigen Filmband. Dem Genre Documentary Musical Comedy, kurz Documusicom, zuzuordnen ist „Punk Strut“ (Kevin Short, UK 2010). Obgleich der Plot nicht unschwer zu entwirren ist, kann man zumindest sagen: Vielleicht der farbenfroheste Teil des Festivals. Um Programm und Musik außerhalb des Kinosaals vorzufinden, empfiehlt es sich, das Wild at Heart (Wiener Straße 20) aufzusuchen – zum Beispiel am Abschlussabend, den 13. Mai.

Carolin Weidner

Too Drunk To Watch, 9. bis 13 Mai, Moviemento, Programm unter www.toodrunktowatch.de