7. XPOSED International Queer Film Festival
Mut zum Anderssein
Wer eine allumfassende Definition des Wortes „queer“ finden möchte, wird wohl ewig suchen. Queer, das steht zunächst für ein Anderssein, für individuelle Lebensentwürfe, seien sie nun schwul, lesbisch, bi-, trans-, inter- oder pansexuell. Queer steht leider genauso aber auch für eigenartig, suspekt und nicht zuletzt für eine Reihe von diskriminierenden Schimpfworten. Die erste Beschreibung findet ihre volle Entfaltung in einer Stadt wie Berlin mit schwulem Bürgermeister, Queer-Parties, Gender-Ausstellungen, schwul-lesbischen Straßenfesten und wo die Siegessäule nicht nur Sehenswürdigkeit, sondern auch ein schwules Stadtmagazin ist. Die zweite Definition findet sich leider immer noch in vielen Teilen der Welt, denn der Kampf für Gleichberechtigung, Vielfalt und Toleranz ist lang, kräftezehrend und vor allem noch nicht dabei.
Grund genug für das XPOSED International Queer Film Festival, das dieses Jahr in die siebte Runde geht, darauf aufmerksam zu machen, dass ein liberaler Umgang mit geschlechtlichen Identitäten noch längst nicht überall an der Tagesordnung ist, weshalb dieses Jahr der Fokus auf dem Nahen Osten liegt. Vom 20. bis 22. Juni präsentiert das queere Filmfestival seinen Besuchern im Schwuz und im Eiszeitkino eine Auswahl an fiktionalen, dokumentarischen und animierten Kurzfilmen, die weit entfernt von unserer liberalen Hauptstadt Geschichten und Schicksale porträtieren und vom queerem (Über)Leben im Nahen Osten berichten. Während „Please Love“ (Yaelle und Aya Shwed) die Unterdrückung eines lesbischen Liebespaares durch die eigenen Eltern in Israel erfahrbar macht, folgt „Iraq’s Unwanted People“ (Bradley Secker) dem Weg von mehreren Männern, die aufgrund ihrer Homosexualität aus ihrer Heimat flüchten müssen.
Das Festival führt seine Zuschauer außerdem in die marokkanischen Berge („As They Say„, Hicham Ayouch), wo ein überraschendes Coming Out einer einst innigen Vater-Sohn-Beziehung plötzlich jegliche Basis entzieht. Neben einer beträchtlichen Auswahl an Nahost-Shorts kann die diesjährige Ausgabe von XPOSED jedoch auch mit deutschen und internationalen Kurzfilmen aufwarten und verzeichnet erstmals drei Langspielfilme in seinem Repertoire: Der Beitrag „Mercedes“ vom ägyptischen Autorenfilmer Yousry Nasrallah zeigt, wann queer aus dem legalen Rahmen fällt – eine schwule Straßengang überfällt Unschuldige, dealt mit Drogen und rückt das Wort Unterdrückung damit in einen moralisch zweifelhaften Kontext. Der Dokumentarfilm „Not Quite the Taliban“ von Fadi Hindash thematisiert hingegen die Doppelmoral der Gesellschaft in Dubai und mit „Be Like Others“ von Tanaz Eshaghian kann man iranische Männer und Frauen bei ihrer Geschlechtsumwandlung begleiten.
Neben der üblichen Verleihung der Lolly Awards in den Kategorien „Bester Kurzfilm Naher Osten“, „Bester Deutscher Kurzfilm“ und „Bester Internationaler Kurzfilm“ wird es dieses Jahr auch einen Publikumspreis für den besten Langfilm geben. Darüber hinaus erscheint ein Festival, dass sich Jahr für Jahr mit den Reibungspunkten und Konflikten zwischen Gesellschaft und eigener Identität, mit dem Verlassen der Heimat oder des alten Lebens für einen selbstbestimmten Neuanfang, mit Vorurteilen, Hass und Diskriminierung, aber auch mit Mut, Selbstbewusstsein und Selbstverwirklichung befasst, jetzt schon preisverdächtig.
Alina Impe
7. XPOSED International Queer Film Festival, 20. bis 22. Juli, Schwuz (Mehringdamm 51), Kino Eiszeit (Zeughofstraße 20), Programm unter www.xposedfilmfestival.com