filmPolska 2013: Vom Kinderstar zur Regisseurin Maria Sadowska

Ich dachte, wir wären unabhängige Frauen.


Szene aus "Frauentag", dem Debütfilm von Regisseurin Maria Sedowska.

Szene aus "Frauentag", dem Debütfilm von Regisseurin Maria Sedowska.

Maria Sadowska wurde als Kinderstar bekannt und machte sich in Polen einen Namen als Musikerin und Moderatorin. 2002 schloss sie ihr Regiestudium an der Lodz Filmschool ab und gewann mit ihrem Spielfilmdebüt „Frauentag“ auf dem Filmfestival Cottbus 2012 den Hauptpreis. Das Werk ist bei filmPolska nun auch in Berlin zu sehen. Darin zeigt sie, wie ein profitorientiertes System einen Menschen soweit manipulieren und zerbrechen kann, bis das gesamte Leben auseinanderfällt. Der Film basiert auf dem Skandal um die polnische Supermarktkette Biedronka, der vor zehn Jahren eine große Debatte über die Arbeitsbedingungen bei Discountern auslöste. Im Interview spricht Sadowska über Erwartungen an sie, Feminismus in Polen und ihren Weg von der Popmusik zum Film.

Dein Spielfilmdebüt „Frauentag“ kritisiert die Arbeitsmoral von Discountern und den Druck, der auf Mitarbeiter ausgeübt wird, um mehr und mehr Profit zu machen. Warum hast du dich für so ein politisches Thema entschieden?
Maria Sadowska:
Ich würde den Film nicht als politisch bezeichnen, so wie ich mich selbst auch nicht als politisch bezeichnen würde. Ich bin Künstlerin und erzähle über Dinge, die mich nerven. Themen, die diskutiert werden sollten. Du bist mit einem Film meist über Jahre beschäftigt und in der Zeit will ich lieber mit Dingen die wichtig sind beschäftigt sein, als mit Belanglosem. Ich mochte immer Kino, das an der öffentlichen Diskussion teilnimmt. Das Leben schreibt einfach die besten Geschichten. „Frauentag“ ist wie ein Märchen. David gegen Goliath. Die meisten Szenen sind tatsächlich so passiert vor zehn Jahren. Selbst die Szene, in der der Supermarkt offen bleibt, obwohl dort gerade ein Kunde gestorben ist und dessen Leiche noch im Laden liegt. Es passieren so absurde Dinge auf der Welt, die ich mir nicht mal vorstellen könnte.

Waren einige überrascht, dass der Popstar Maria Sadowska sich an so ein Thema herangewagt hat?
Alle waren überrascht. Mein erster Film „Non Stop Kolor„, ein Kurzfilm, handelte mehr von mir selbst, Musik und der polnischen Clubszene. Jeder erwartete, dass mein nächster Film ein ähnliches Thema behandeln würde – aber ich war schon weiter. Ich wollte über die sich verändernde Gesellschaft sprechen. In meiner Musik hatte ich bereits damit angefangen und meine revolutionslose Generation hinterfragt.

Warum hast du dann entschieden, die Sozialkritik im Medium Film weiterzuverfolgen und nicht in der Musik?
Musik ist zu abstrakt. Mein letztes Album, das zeitgleich mit dem Film entstand, war politisch, ein feministisches Manifest. „Frauentag“ beeinflusste mich zwar sehr stark dazu, trotzdem finde ich, dass Film für Sozialkritik das stärkere Medium ist. Musik kann ich nicht greifen, man kann zwar Geschichten erzählen, doch der Film spricht eine stärkere Sprache.

Frauentag“ handelt von einer Frau, die erst verlieren muss, um mit Hilfe der Solidarität anderer Frauen, am Ende als Siegerin dazustehen. Männer kommen im Film nicht gut weg und werden als schwach dargestellt.
Das stimmt, Männer sind schwächer im Film. Sie sind Opportunisten. Es klingt wie ein Klischee, aber Männer denken noch immer, dass Frauen leichte Opfer sind. Bei der Supermarktkette hat sich im wirklichen Leben mittlerweile einiges geändert, aber der Film spielt vor zehn Jahren, wo Frauen immer einen männlichen Vorgesetzten hatten. In polnischen Kleinstädten gibt es noch immer diese „klassische“ Rollenverteilung. In Polen ist noch nicht genug über Feminismus gesprochen worden. Nachdem der Film rauskam, wurde ich in eine Schublade gesteckt und als Feministin bezeichnet, nur weil ich einen Film mit fast nur weiblichen Charakteren gedreht habe. Die Diskussion zeigt, dass starke, weibliche Hauptcharaktere in Polen nicht als normal angesehen werden und einem gleich das Wort Feminismus nachgeworfen wird.

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