Interview mit dem Festiwelt-Vorstand zur 2. Langen Nacht der Berliner Filmfestivals im Kino Zukunft

Wie profitieren Filmfeste von dem Netzwerk?
Leonenko: Vor allem profitiert das cinephile Publikum in Berlin davon. Denn Festiwelt ermöglicht einen Überblick über die große Vielfalt und das breite Angebot der verschiedenen Filmfestivals in Berlin. Außerdem können die Festivalmacherinnen und -macher gemeinsam Synergie-Effekte nutzen, wovon alle Festivals profitieren. Sie können sich über ihre Erfahrungen austauschen und in vielen Bereichen zusammenarbeiten: In der Werbung, in der Organisation gemeinsamer Veranstaltungen, mit dem Netzwerk und den Kontakten zur Filmbranche. Vor allem profitieren davon die kleineren Filmfestivals, die nur über ein kleines Budget verfügen oder neue Festivals in der Berliner Szene, die noch nicht so gut vernetzt sind.
Brose: Primär geht es um die Sichtbarkeit und um eine deutlichere Profilierung der Filmfestivals innerhalb der Berliner Kulturszene. Im Bereich der Filmveranstaltungen im Allgemeinen gibt es in Berlin ein großes Angebot, aber gleichzeitig ist wenig Platz für ein gezielt kuratiertes Programm, das sowohl die Bandbreite der internationalen Filmkultur als auch ganze Themenkomplexe filmisch übergreifend abbildet. Das können speziell Filmfestivals anbieten und das muss noch deutlicher in der Öffentlichkeit kommuniziert werden.
Groll: Es ist zunächst die Kommunikation untereinander, von der die Festivals profitieren. Man mag sich in einer Stadt wie Berlin gegenseitig wahrnehmen, das gemeinsame Boot Festiwelt aber führt zu direkten Synergien. Man tauscht sich aus, unterstützt sich in ganz pragmatischen in Organisationsdingen und muss bisweilen das Rad nicht neu erfinden. Das Gemeinsame macht uns auch auf der politischen Ebene stark.

Viele Berliner Filmfeste arbeiten mit großer Kompetenz und hohem Engagement, aber leider unter finanziell kritischen Bedingungen. Welche Maßnahmen könnten die Situation verbessern und dieses Kulturgut für Berlin dauerhaft erhalten?
Georgiew: Es würde helfen, finanzielle Rahmenbedingungen zu schaffen, wo auch kleinere und mittelgroße Filmfestivals die Möglichkeiten haben, Gelder zu akquirieren. Oft gibt es keine wirklichen Fördertöpfe, die auf einen zutreffen und/oder die Fristen dafür sind ein bis eineinhalb Jahre vorher, was oft mit der eigentlichen Planung nicht vereinbar ist. Daher ist die Netzwerkarbeit so wichtig.
Groll: Genau, Festiwelt setzt genau da an und versucht Anregungen zu geben und zu vermitteln.
Brose: Um nur einen Aspekt zu nennen: Berlin ist seit langem ein Magnet für die unterschiedlichsten Menschen aus aller Welt. Ob sie nun als Berlinbesucher kommen oder als sich als Kreative hier niederlassen, es ist dieses ganz besondere Versprechen, das Berlin aussendet und diese Leute anzieht. Unsere vielen Filmfestivals haben einen sehr großen Anteil an dem, was Berlin so besonders macht. Hier müsste die Stadt Berlin diese Filmfestivallandschaft mehr würdigen und deren Arbeit unterstützen. Die City Tax ist z.B. ein gute Maßnahme, von der aber leider bisher nichts bei den Filmfestivals ankommt.
Zandegiacomo Del Bel: Die City Tax ist angesichts der finanziellen Situation wohl eher ein Tropfen auf den heißen Stein. Fraglich bleibt, wie die Gelder verteilt werden. Schön und hilfreich wäre es, wenn die Stadt erkennen würde, dass nicht nur die Berlinale die Filmindustrie und die damit verbundenen Zulieferer in und um Berlin fördern, sondern auch die restlichen 50 Filmfestivals, die übers Jahr in Berlin veranstaltet werden. Das würde uns auch für Förderer aus der freien Wirtschaft interessant machen.
Leonenko: Die große Bedeutung der Filmfestivals und ihr Beitrag für die Berliner Kulturszene sollte auch auf der politischen Ebene besser repräsentiert werden. Das gehört zu den Zielen und Tätigkeiten von Festiwelt.