Interview mit Regisseur Oliver Hirschbiegel zu „Elser“

Hirschbiegel: Snowden ist eins zu eins Elser


Regisseur Oliver Hirschbiegel (links) mit seinerm Hauptdarsteller Christian Friedel bei den Dreharbeiten zu "Elser - Er hätte die Welt verändert". Copyright Lucky Bird Pictures, Bernd Schuller

Regisseur Oliver Hirschbiegel (links) mit seinerm Hauptdarsteller Christian Friedel bei den Dreharbeiten zu „Elser – Er hätte die Welt verändert“. Copyright Lucky Bird Pictures, Bernd Schuller

Mit Elser – Er hätte die Welt verändert ruft Regisseur Oliver Hirschbiegel einen lange Zeit wenig beachteten Widerstandskämpfer ins deutsche Gedächtnis. Der Hitler-Attentäter scheiterte knapp, aber er scheiterte. Im Interview berichtet er über von Nazis vereinnahmten Traditionen, seine Faszination für den Typ Elser, Astrologie und erkennt Parallelen zwischen Elser und Edward Snowden.

Herr Hirschbiegel, Ihr „Elser“ ist nicht der erste Film über Georg Elser. Warum interessierte bisher nur das Attentat und weniger das Leben von Elser?
Oliver Hirschbiegel:
Klaus Maria Brandauer hat mit seiner Film mit einem Bild aufgeräumt, dem ich nie geglaubt habe. Als ich 15, 16 war, galt Elser als Sonderling, potentiell geistig leicht gestört, Schizophren und der Wahnvorstellung folgend, er müsse Hitler töten. Das ist einer der Gründe, warum er als Widerstandskämpfer nicht ernst genommen wurde und in Vergessenheit geriet. Vielleicht auch ein Vorwand, weshalb sich niemand an ihn erinnern wollte. Brandauer hat Elser als aufrechten Widerstandskämpfer gezeigt, der sagte, dass man was machen muss. Das ist seine Leistung. Brandauer hat mit dem damaligen Wissenstand, sehr gute Arbeit geleistet. Er konnte vieles gar nicht wissen und hat wohl aus dem Bauch heraus richtig gelegen.

Interessant ist an der Betrachtung Elsers, dass die Nazis ihm nicht zutrauten, die Tat alleine begangen zu haben, aber in der Retrospektive wurde er, wie Sie es beschreiben, umgekehrt ausgeblendet, als der Sonderling. Wie konnte er aus so unterschiedlichen Blickwinkeln ähnlich unterschätzt werden?
Menschen haben Probleme mit Dingen, die sie nicht erklären können. Das ist entweder oder. Er war entweder ein Spinner, der irgendwie Erfolg hat oder eine Marionette der Nachrichtendienste, der das nicht allein machen konnte – oder gar eine Marionette der Nazis, um zu beweisen, dass Hitler unverwundbar und von der Vorsehung geschützt ist. Dass der Typ aber aus sich heraus, ohne politische Haltung, sagt: Hitler muss gestoppt werden, das ist unglaublich. Dem gebührt deshalb Ehre und Respekt!

Weiterlesen: Emily Grunerts ausführliche Kritik „Die Geschichte vom Beinahe-Helden zum Film.

Während der Filmrecherche habt ihr Angehörige aufgespürt. Wie waren deren Reaktionen?
Elsers Neffe kämpft seit Jahrzehnten um die vollständige Rehabilitierung von Elser und dafür, ihn auf eine Stufe mit Stauffenberg zu stellen. Da gehört der auch hin. Deshalb war der vom Projekt begeistert. Er hat auch das Drehbuch gelesen und uns in Detailfragen unterstützt.

Eine Qualität von „Elser“ ist die, dass wir darin deutsche Volk, unsere Großeltern und Ur-Großeltern, betrachten. Wie war das für Sie?
Mir war wichtig, das nicht schablonenhaft zu erzählen, sondern mit Liebe zu meinem Volk und mit Liebe zu der Zeit. Die Nazis vereinnahmten all die Traditionen und Rituale für sich. Einen Begriff wie völkisch oder national dürfen wir nicht mehr aussprechen, in anderen Ländern ist das möglich. Mir war diese Poesie wichtig, die Solidarität in der Gemeinschaft oder die mitschwingende Gemütlichkeit, die sehr deutsch ist. Die Nazis haben sich das zu Eigen gemacht. Das zeigt der Film bei dem Erntedankfest. Das sieht nämlich trotz denen lustig aus, da wäre man gerne dabei.
Hier einige Eindrücke vom Film …

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