BFF on the Road: FICCI 56 – International Film Festival Cartagena



Während Lateinamerika seine Schätze ins Ausland exportiert, ist Kolumbien derzeit zuhause auf dem heimischen Festival, das in historischer Hinsicht mitgeholfen hat, das kinematographische Potenzial der Region zu entwickeln. Das Internationale Film Festival Cartagena (FICCI), das alljährlich in der von einem 11 Kilometer langen Schutzwall eingemauerten, karibischen Stadt Cartagena de Indias stattfindet, ist das älteste Filmfestival Lateinamerikas. 1960 gegründet, versucht FICCI zeit seines Bestehens das Kino der ehemaligen Kolonialgebiete Spaniens und Portugals zu fördern und setzt an jeweils fünf Tagen im Jahr hier an Kolumbiens Küste vorrangig die Werke lateinamerikanischer, portugiesischer und spanischer Filmemacher auf sein Programmmenü. 154 Filme warten allein in diesem Jahr auf über 120.000 Besucher, für die durchgehend freier Eintritt gilt, denn das Festival versteht sich ausschließlich als Publikumsevent. Es sind Filme, die sich fast alle mal mehr mal weniger mit der häufig gewaltsamen Vergangenheit der Region beschäftigen. Diana Bustamante, die künstlerische Leiterin FICCIs, spricht in diesem Zusammenhang von der Kraft des Kinos, die helfen kann, die Geschichte der vielen Menschen zu dekonstruieren und ihre Traumata zu heilen. Noch nie in der Geschichte Lateinamerikas und insbesondere der Kolumbiens – wo derzeit über einen Friedensvertrag verhandelt wird, der dem über 50 Jahre schwelenden Konflikt mit den Guerillatruppen der FARC ein Ende setzen soll –, war dieser Aufruf wohl dringlicher. Die zehn iberoamerikanischen Filme, die 2016 im Wettbewerb stehen, geben alle präzise Einblicke in die Vergangenheit dieses geographischen Flecks und in das Leid, das durch die vielen Konflikte provoziert wurde. Die Spannbreite reicht vom bewaffneten Konflikt, den Felipe Guerrero in seinem kolumbianischen Beitrag „Oscuro Animal“ (Trailer) beschreibt, bis zu den Genderkonflikten, denen die Regisseure Gabriel Mascaro und Julio Hernández Cordón in ihren Filmen „Boi Neon“ (Trailer) und „Te Prometo Anarquía“ (Trailer) Raum geben. Erklärtes Ziel der 56. Ausgabe des Internationalen Film Festivals Cartagena scheint es, den Umfang auszuleuchten, mit dem Filmkunst die Macht hat, die gewaltvolle Geschichte eines Landes umzukehren und die Vision für eine gemeinschaftliche Zukunft zu legen.

Vom 2. bis zum 7. März zeigen die Filmfestspiele von Cartagena eine Momentaufnahme der jüngsten Arbeiten des Iberoamerikanischen Kinos. FICCI gibt damit seinen Besuchern, ob sie nun aus Europa oder Lateinamerika selbst kommen, eine einzigartige Möglichkeit, sich von der Renaissance zu überzeugen, die diese historisch wie geographisch definierte Region zurück ins Zentrum des Weltkinos gebracht hat.

Leonardo Goi
(Aus dem Englischen übersetzt von SuT)

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