BFF on the Road beim 26. Animafest Zagreb

Zwischen Tradition und VR – das Animafest Zagreb


Plakat 26. Animafesta Zagreb-page-001Das Alte kommt in Bedrängnis: Die Klimaanlage im großen, ehrwürdigen Kino Europa rattert mühsam gegen den Besucherstrom an, der sich für das abendliche Screening versammelt hat. 1924/25 erbaut – und dereinst durch ein Screening von Fritz Langs „Die Niebelungen“ eröffnet – könnte es dem Animafest Zagreb wohl keinen feierlicheren Rahmen geben, doch einige Besucher wünschen zufächernd amerikanische Air-Conditioning-Verhältnisse herbei.

Seit 1972 gibt es das Animafest Zagreb bereits, es ist das zweitälteste Animationsfilmfestival nach Annecy. Ein traditionelles Urgestein, eins der großen, das da mitten im Kalten Krieg entstand. Bestimmt nicht ohne austarierende Funktion – im Westen Annecy, im Osten Zagreb. Wie ist das heute, mit dem Holland Animation Film Festival (HAFF), dem Ottawa und vielen anderen internationalen Festivals? Was für ein Profil hat das Animafest? Das Publikum am Eröffnungsabend ist sich uneins. Das chinesische Jungtalent Lei Lei, der bereits in Ottawa 2010 mit dem Preis für den Best Narrative Short und beim HAFF 2014 prämiert wurde, gerät zum Beispiel sofort ins Schwärmen: „For me, this is the best festival in the world.“ Ein belgischer Compositing Artist denkt ganz anders: „No way. Animafest is way to artsyfartsy. It has a great history, but it’s lost its relevance.“ So geht es weiter, die Meinungen überschlagen sich und zwischendrin laufen die beiden Festivaloldies Nik und Nancy Phelps vorbei, die mit ihren zu kleinen Hüten und dem Laufstock mit der ganzen internationalen Animationsszene verwachsen zu sein scheinen.

Mit diesem Meinungskonglomerat im Kopf geht also der erste Filmblock „Grand Competition Short Film 5“ am nächsten Morgen los. Es ist ein wilder Ritt, der mit Francisco Gussos überbordendem Film „Tango“ beginnt, einer anarchisch-bunten Geschichte in Cut-Out und Stop-Motion, in der ein arbiträr-wirkender, archaischer Ritus seinen Lauf nimmt. Als Allegorie auf den Zufall, den wir Geschichte nennen, ist „Tango“ beachtlich – aber so überfrachtet, dass er einen eher wegschauen als nachdenken lassen möchte. Ganz anders hingegen Ryo Orisakas wunderbar reduzierter „Datum Point“, der ein japanisches Gedicht aufgreift und mit seinem Meer aus Knetanimation einer Meditation über das Leben ähnelt, in der ständiger Wandel und Schicksalhaftigkeit aufeinandertreffen.

Der Kontrast zwischen diesen beiden Filmen – er bleibt im Wettbewerb ein wiederkehrendes und definierendes Moment. Der eher klassisch gehaltene, narrative Short tut sich schwer, weil er oft zum hundertsten Mal eine bekannte Geschichte („One Hell of a Plan„, „Geist„) erzählt oder seinem Medium so wenig vertraut, dass er dem gesprochenem, klischierten Dialog den Vortritt lässt (siehe etwa „Bambusgartenstrasse„). Am unbegreiflichsten bleibt aber George Gendis „Apple & Onion„, eine 11-minütige Bromedy, die von lauter lebenden Nahrungsmitteln bevölkert wird, und in Jim Carry-Manier die Infantilität abfeiert.

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