Human Rights Film Festival Berlin 2019: Filmemacherin Britta Schoening im Interview

Filmemacherin Britta Schoening im Interview: "Gegen Rassismus, gegen Diskriminierung, gegen Ungleichheit"


Würdest du dich selbst als Widerständlerin bezeichnen? Falls ja, in welchen Formen äußert sich dein Widerstand?
Ich habe an der FU Berlin Politikwissenschaften studiert, bevor ich Film studiert habe. Ich war sehr politisch aktiv in der linken Szene. Mittlerweile habe ich für mich erkannt, dass mein Medium der Film ist. Mit Dokumentarfilmen kann ich ein sehr großes Publikum erreichen, komme mit Leuten ins Gespräch, die vielleicht eine andere Meinung haben, die nicht aus der eigenen Blase kommen. Das finde ich sehr wertvoll. Ich habe ein humanistisches Weltbild, ich liebe Menschen in all ihren Facetten und würde mich als sehr tolerant und offen bezeichnen. Aber ich habe meine Ideale und meine Werte, für die ich auch einstehe: Gegen Rassismus, gegen Diskriminierung, gegen Ungleichheit. Ich versuche, trotzdem offen zu bleiben und über den Tellerrand zu schauen und nicht innerhalb einer Ideologie zu verhaften, will andere Erfahrungswerte anerkennen, respektieren und davon lernen. Ich habe ein holistisches Weltbild.

Du hast für deinen Film drei weibliche Personen ausgewählt. War das eine bewusste Entscheidung?
Anfangs wusste ich nicht, dass es drei Frauen sein werden. Aber es hat sich so ergeben, da ich gemerkt habe, dass Frauen in politischen Bewegungen nicht so viel Macht haben oder in der Führungsriege nicht ganz oben stehen. Aber sie spielen immer wieder eine wichtige Rolle, auch in der Repräsentanz dieser Bewegungen. Sie werden als bestimmtes Frauenbild inszeniert. Beispielsweise Ingrid, die als junge Mutter und Aktivistin instrumentalisiert wird. Helene, aus der linken Szene, die sehr feministisch ist und für das Gegenteil davon eintritt. Und Aisha, die mit ihrem Kopftuch häufig diskriminiert wird, aber auch sehr stark ist und einen sehr umhaut, mit ihrer Persönlichkeit. Sie versucht, dieses Vorurteil zu durchbrechen. Nur weil sie ein Kopftuch trägt, heißt es nicht, dass sie nicht eine sehr emanzipierte, starke Frau ist.

Wie fügt sich dieser Film in das Konzept des Human Rights Film Festivals ein?
So ein Film ist schon sehr kontrovers ist und wird bisher sehr kontrovers diskutiert. Dem Film wurde beispielsweise bei einem Human Rights Festival in Wien vorgeworfen, dass er den Rechten eine Plattform bieten würde und dass er auf einem Human Rights Festival nichts zu suchen habe. Da bin ich eben anderer Meinung. Ich glaube, wir müssen genau dahin gucken, wo es weh tut. Wir müssen uns mit unserem politischen Gegner auseinandersetzen, ihn ernst nehmen und respektieren und nach den Gründen suchen, warum mittlerweile so viele Menschen rechts wählen. Nicht nur das gucken, was uns in unserer linken Blase gefällt, wo wir eh schon zustimmen können. Uns auch die Gegenposition anschauen, davon lernen.

Die Fragen stellte Henning Koch.

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