Human Rights Film Festival Berlin 2019: Filmemacherin Britta Schoening im Interview

Filmemacherin Britta Schoening im Interview: "Gegen Rassismus, gegen Diskriminierung, gegen Ungleichheit"


Filmemacherin Bettina Schoening. Foto: Human Rights Film Festival

Filmemacherin Britta Schoening folgt in ihrem Dokumentarfilm „#Widerstand“ drei jungen Europäerinnen, die drei unterschiedliche Formen des Widerstands ausleben: Eine linke Hausbesetzerin in Athen, eine neurechte Aktivistin in Wien und eine muslimische Poetry Slammerin in Berlin. Ihr Abschlussfilm an der Filmakademie Baden-Württemberg wird im Rahmen des Human Rights Film Festival Berlin 2019 gezeigt.

In deinem Film porträtierst du drei zum Teil sehr gegensätzliche Aktivistinnen. Wie hast du diese Personen ausgewählt?
Britta Schoening: Mein Konzept basierte auf einer Internetrecherche, es sah bewusst drei sehr unterschiedliche Frauen vor, diese Personen habe ich mir erst einmal ausgedacht. Das ist nicht unüblich für Dokumentarfilm-Exposés. Es war am Anfang gar nicht klar, ob ich einen Dokumentarfilm drehe oder einen Spielfilm. Dann bin ich nach Athen und nach Wien gereist, habe dort verschiedene Menschen getroffen und kennengelernt. Bei Ingrid, der rechten Protagonistin, hatte ich erst eine andere Protagonistin im Kopf, die zu der Zeit von der Identitären Bewegung sehr gepusht wurde. Als ich in Wien ankam, wurde ich aber zu Ingrid geleitet, die ein unbeschriebenes Blatt war und noch keine Medienerfahrung hatte. Ihr Background ist sehr interessant, da sie sehr widersprüchlich ist, weil sie aus Serbien kommt, nach Österreich emigriert ist, aber sich als Patriotin für die österreichische Kultur einsetzt. Mittlerweile wohnt sie in Deutschland, sie ist also eine Migrantin. In Athen war ich in verschiedenen besetzten Häusern, wo ich nicht mit offenen Armen empfangen wurde, weil Medien an solchen Orten nicht unbedingt willkommen sind. Da ist vieles im halblegalen Bereich. Die Geflüchteten sind natürlich schutzbedürftig, die wollen nicht alle gefilmt werden. Ich fand dieses Hotel, das City Plaza, das sehr viel mit Medien arbeitet. In dem Projekt bin ich eine Woche lang ein und ausgegangen und habe Helene kennengelernt. Sie beeindruckt mich sehr, da sie eine deutsche Frau war, die dort mit 18 Jahren ein Jahr lang verbracht hat und sehr idealistisch eingetreten ist. Ich habe ihr abgenommen, dass sie sehr ernsthaft interessiert ist und das wirklich überzeugt macht.

Dein Film hat den Titel „#Widerstand“ und die drei Aktivistinnen kommen aus sehr unterschiedlichen Bereichen. Wie interpretierst du den Begriff Widerstand?
Widerstand habe ich immer als einen linken Begriff wahrgenommen. Es hat mich erst irritiert, als ich Widerstand gegoogelt habe: Auf Twitter kommen als aller erstes die ganzen Posts von der AfD. Man merkt, die rechte Bewegung übernimmt diesen Begriff und die Bedeutung wird umgedeutet. Das ist die Gefahr, dass Begriffe, die für viele positiv konnotiert sind, umgewertet werden. Es ist wie ein kultureller Kampf, in dem man sich immer wieder diese Begriffe zurückerobern muss oder immer wieder überlegen muss: Wofür stehen die eigentlich? Widerstand heißt, dass man gegen eine gewisse Staatsgewalt ist oder sich gegen ein Regime einsetzt. Das kann man werten, wie man will. In Helenes Fall setzt sie sich gegen dieses Grenzregime ein, da die Europäische Union immer mehr die Grenzen schließt und diese „Festung Europa“ etabliert. Ingrid setzt sich gegen diesen, sie würde es nennen, linksliberalen Mainstream ein. Sie ist gegen dieses „Multi-Kulti“, wie sie es nennt. Bei Aisha gibt es im Film eine Szene, wo der Gründer von [dem Kunstkollektiv] i,Slam sagt: Widerstand ist, dass jahrzehntelang über die Migranten in Deutschland gesprochen wurde und dass sie jetzt anfangen müssen, sich selbst zu definieren, selber für sich zu sprechen. Er sagt: „Jedes Wort ist für uns Widerstand!“

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