1. Festival politischer Film im Januar 2020 in Berlin

"Die Zunahme rassistischer, antisemitischer und völkischer Ideen darf man nicht still hinnehmen"


Was war Ihnen bei der Filmauswahl für das Festival wichtig? Wird das Thema „Erbe des Holocaust“ Ihrer Ansicht nach ausreichend und aus verschiedenen Perspektiven im Medium Film bearbeitet und reflektiert?
KA: Filme mit dem Thema Gegenwartsfilme zum Holocaust sind leider oft „Nischenfilme“, die nur selten, und wenn nur sehr kurz ihren Weg ins Kino finden. Dabei gibt es viele, sehr gute, internationale und nationale, fiktionale und dokumentarische Filme dazu.

Eröffnet wird das Festival mit der Tragikomödie „Hotel Auschwitz“ (2019) von Cornelius Schwalm, in der eine Theatergruppe eine Recherchereise nach Auschwitz unternimmt. Katharina Bellena und Patrick von Blume aus dem Festivalteam spielen im Film mit. Als Deutschlandpremiere präsentieren Sie Philippe Moras bereits 1997 gedrehte Tragikomödie „Snide and Prejudice“ über einen Psychiatriepatienten, der sich für Hitler hält. Auch die rumänische Tragikomödie „Es ist mir egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen“ (2018) von Radu Jude ist Teil des Filmprogramms.
LR: In Deutschland gibt es das Problem, dass wir uns sehr schwer mit dem Thema „Erbe des Holocaust“ tun – insbesondere dann, wenn es humoristisch aufgearbeitet wird. Deshalb war uns sehr schnell klar, dass wir Filme wie „Hotel Auschwitz“ von Cornelius Schwalm oder „Snide and Prejudice“ von Philippe Mora eine Plattform bieten müssen.

Außerdem sind Dokumentarfilme wie „Jalda und Anna“ (2012) von Katinka Zeuner und Benjamin Laser über zwei nach dem Krieg in West- und Ostdeutschland aufgewachsene Jüdinnen zu sehen. Die Dokumentation „#Uploading_Holocaust“ (2016) von Sagi Bornstein und Udi Nir besteht komplett aus YouTube-Videoausschnitten von israelischen Schüler*innen, die mit ihren Schulklassen Vernichtungslager in Polen besuchen. Wie schwer fiel Ihnen die Auswahl der Filme für das Festival?
KA: Wir hätten gerne noch mehr Filme gezeigt, aber dazu reicht uns die Festivalzeit nicht aus. Wir haben versucht, eine gute, internationale Auswahl zu treffen. Die gezeigten Filme kommen aus Rumänien, Österreich, USA, Israel und Deutschland. Die gesamte Filmauswahl lief völlig demokratisch ab, unser Festivalteam, bestehend aus Katharina Bellena, Kathrin Ast, Lavinia Reinke und Patrick von Blume, hat über jeden Film diskutiert und abgestimmt.

Das „Festival politischer Film“ soll von jetzt an jedes Jahr in Berlin stattfinden. Welche Themen sind für die Zukunft geplant?
LR: Ja, das Festival wird jetzt jährlich stattfinden. Es gibt schon Überlegungen zu weiteren Themen, aber die Auswahl werden wir nach dem Festival treffen.

Die Fragen stellte Stefanie Borowsky für Berliner Filmfestivals.

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