Fantasy Filmfest Nights 2022: Für jeden Härtegrad etwas


Fantasy Filmfest Nights 2022
Fantasy Filmfest Nights 2022

Es ist schon seit ein paar Jahren Tradition, dass das Fantasy Filmfest vor seinem offiziellen Herbsttermin (voraussichtlich 7. bis 14. September für Berlin) im Frühling bereits ins Kino einlädt, sozusagen ein paar Appetithäppchen präsentiert, die die Wartezeit bis zum nächsten Festival verkürzen sollen. Eines der Markenzeichen des Fantasy ist, dass es fest daran hält, in mehreren Städten Deutschlands gleichzeitig oder ein wenig zeitverzögert stattzufinden. Das gilt auch für die Fantasy Filmfest Nights, die Ende März in Hamburg, Frankfurt, Köln und München beginnen und Anfang April in Stuttgart, Nürnberg und Berlin anschließen.

Für ein verlängertes Wochenende, vom 7. bis 10. April 2022, wird also in den Kinos der Kulturbrauerei in Berlin eine Auswahl internationaler Titel aus den Bereichen Horror, Horrorsatire, Science-Fiction, Action, Thriller und absurdem Humor vorgestellt. Insgesamt sind des 17 Filme aus 13 verschiedenen Ländern. Die allermeisten der Filme feiern beim Festival ihre Deutschlandpremiere, viele werden nur dank des Festivals überhaupt in Deutschland sichtbar sein. Das Programm ist vielseitig und bietet wahrlich für jeden Geschmack und jeden Härtegrad des Zuschauers etwas.

Mit einem bereits in gewissen Kreisen sehnlichst erwarteten Slasher aus der USA werden dieses Jahr die Fantasy Nights eröffnet. X von Ti West bietet einen kompromisslosen Einstieg ins Wochenende, wird er doch als ziemlich „heftig“ beschrieben. Der Regisseur von verschiedenen TV-Serien und beliebter Darsteller in Horrorfilmen versetzt die Geschichte ins Jahr 1979. Ein Filmteam bucht sich auf einer Farm ein, um dort einen Porno zu drehen. Das Geschrei wird nicht nur vom Lustempfinden kommen. Auch X bedient sich der Retro-Ästhetik, die im Horrorfach sehr üblich ist. Dies ermöglicht eine zusätzliche Verfremdung des Stoffes, aber bietet auch die Gelegenheit, sich in Details in Bezug auf Ausstattung und Optik zu versenken. Es besteht allerdings immer auch die Gefahr, damit veraltete oder heute nicht mehr akzeptierte Vorstellungen zu Geschlechterrollen oder Rassismus zu legitimieren. Man kann also auf jeden Fall gespannt sein, wie Ti West den Film umgesetzt hat, der so viele Vorschusslorbeeren erhalten hat.

Ähnlich für Gänsehaut werden einige andere Filme aus dem Programm der Fantasy Nights sorgen, sieht man sich nur die ersten Bilder oder gar die Trailer an: SALOUM (07.04. um 21.45 Uhr) von Jean Luc Herbulot aus Senegal, BARBARIANS (08.04. um 16.00 Uhr) von Charles Dorfman aus UK oder LUZIFER (09.04. um 14.00 Uhr) von Peter Brunner aus Österreich mit Franz Rogowski in einer verstörenden Rolle. Es gibt aber was zum Lachen und Mitfiebern.

Teresa Vena

Die Fantasy Filmfest Nights finden vom 7. bis 10. April in Berlin in der Kulturbrauerei statt.

Einige unserer weiteren Empfehlungen aus dem Programm, das in seiner Gesamtheit hier erhältlich ist:

INCREDIBLE BUT TRUE

Darum geht es:
Ein mittelaltriges Paar möchte sich ein eigenes Haus kaufen. Als sie ein geeignetes Objekt besichtigen, zeigt ihnen der Makler eine ungewöhnliche Sonderausstattung des Hauses: Im Keller befindet sich ein Tunnel. Steigt man darin hinunter, findet man sich in einem anderen Stockwerk des gleichen Hauses wird. Doch es sind in der Zwischenzeit 12 Stunden vergangen und man ist gleichzeitig drei Tage jünger geworden. Für Marie (Léa Drucker) wird es zur Besessenheit, immer wieder in den Schacht zu steigen, um Jahre jünger zu werden.

Weiterlesen: Unsere Kritik zum vorletzten Film von Quentin Dupieux MANDIBULES.

Was du zum Film wissen musst:
Der Franko-Kanadier Quentin Dupieux ist Dauergast beim Fantasy Filmfest seit seinem Debüt RUBBER. Dupieux ist sehr produktiv, veröffentlicht fast jedes Jahr einen neuen Film. Trotzdem gelingt es ihm, sich nicht zu wiederholen, sondern immer wieder mit einer neuen originellen Idee aufzufahren. Und das sind Ideen, die aus dem Bereich der (Alp-)Träume stammen. Diesen Film hat er mit reduzierten Mitteln und einem konzentrierten Schauspielerensemble von vier Darstellern realisiert, Alain Chabat, Léa Drucker, Benoît Magimel und Roxane Arnal. Es macht Spaß, zweifelsohne.

Termin bei den Fantasy Nights:
Sonntag, den 10. April um 16.45 Uhr

SPECIAL DELIVERY

Darum geht es:
Die junge Nordkoreanerin, die als Kind nach Südkorea floh und dabei ihre ganze Familie verloren hat, arbeitet als Fahrerin bei einem älteren Mann in Busan, der an sich ein Herz für Außenseiter hat, da er auch viele andere Ausländer aufnimmt. Das Unternehmen ist offiziell im Transportwesen tätig. „Wir transportieren alles, was die normale Post nicht tut“, meint der Chef am Telefon. Konkret kümmern sie sich aber darum, Menschen, die anonym bleiben müssen, in kriminelle Geschäfte verwickelt oder sonst in Gefahr sind, sicher und schnell zu befördern. Für einen neuen Auftrag muss Eun-Ha nach Seoul, um einen Vater mit seinem Kind an den Hafen zu bringen. Sie müssen vor der Mafia flüchten, die bevor Eun-Ha ankommt, den Vater bereits getötet hat und nun hinter dem Kind her ist.

Was du zum Film wissen musst:
Dieser Film von Park Dae-min ist eine Art FAST & FURIOUS aus Südkorea, schnelle Autos, rasante, halsbrecherische Fahrten und eine super coole Fahrerin. Es ist tatsächlich eine Frau, die hier im Vordergrund steht und mit den hartnäckigen Vorurteilen aufräumt, eine Frau könne nicht so gut Autofahren. Sie liefert sich spektakuläre Straßenjagden durch Seoul und macht den Film in erster Linie zum Vergnügen für PS-Fans. Die Geschichte hat ihre anrührende, wenn auch voraussehbare Seite, wenn es um die Interaktion der jungen Frau mit dem Kind geht. Nach guter südkoreanischer Manier kommt es noch zu brutalen Gewaltexzessen mit immer wieder Humoreinsprengseln. Zudem zeigt sich ein Versuch, Rassismus in der Gesellschaft zu verhandeln.

Termin bei den Fantasy Nights:
Freitag, den 8. April um 22.15 Uhr

HATCHING

Darum geht es:
Tinja ist eine schüchterne Heranwachsende, die unter dem Druck ihrer Mutter leidet, die aus dem Mädchen die erfolgreiche Eiskunstläuferin machen will, die sie selbst nicht werden konnte. Sie kommt dem auch soweit nach, bis zu einem einschneidenden Vorfall. Sie findet das Ei eines toten Vogels und brütet es aus. Es wird immer größer, bis daraus ein menschengroßes, hässliches gefiedertes Ding herausschlüpft, das einen zerstörerischen Charakter hat. Immer mehr gleicht sich sein Aussehen an das von Tinja an, bis sie kaum mehr auseinander zu halten sind.

Was du zum Film wissen musst:
Dieser finnische Coming-of-age-Horrorfilm ist das Spielfilmdebüt von Hanna Bergholm. Geschickt macht der Film die körperliche Verwandlung, die beim Übergang ins Erwachsenenalter passiert, spürbar. Durchweg gut gespielt, mit einem guten Erzählrhythmus und einer interessanten etwas melancholischen Ästhetik wartet der Film mit einigen spannenden Wendungen auf.

Termin bei den Fantasy Nights:
Sonntag, den 10. April um 18.30 Uhr

NO LOOKING BACK

Darum geht es:
Olga war vier Jahre im Gefängnis. Als sie zurückkommt, will sie ihre Tochter Masha in die Stadt mitnehmen, wo der Ehemann lebt, den sie durch eine Brieffreundschaft im Gefängnis kennengelernt und dort auch geheiratet hat. Doch ihre Mutter, die Großmutter von Masha will das nicht zulassen, sticht auf Olga ein und fängt sich von der eine Kopfnuss ein. Olga und Masha rennen davon, die Großmutter bewaffnet mit einem Gewehr, das sie nicht scheut, zu benutzen hinterher. Mit im Schlepptau Olgas Ex-Freund, der auch noch eine Rechnung mit Olga offen hat.

Was du zum Film wissen musst:
Der russische Regisseur Kirill Sokolov präsentiert nach seiner letzten schwarzhumorigen Kriminalkomödie WHY DON’T YOU JUST DIE (2018) einen neuen abgedrehten Film, in dem es Schlag auf Schlag geht, körperlich wie verbal. Es handelt sich um eine Satire, doch ist der Film ein Kommentar auf eine wenig solidarische, aggressive und im Grunde wohl „verwundete“ Gesellschaft.

Termin bei den Fantasy Nights:
Freitag, den 8. April um 14 Uhr