17. Afrikamera unter dem Motto BELIEVE
Es ist ein optimistisches Motto, das sich Afrikamera dieses Jahr mit BELIEVE gewählt hat – es kommt der Aufforderung oder Anregung gleich, an etwas zu glauben. Diese Möglichkeit des Optimismus wird dieser Tage schließlich mal wieder sehr auf die Probe gestellt.
Afrikamera verzagt also nicht (BELIEVE ist das erste Motto einer von 2024 bis 2027 ausgelegten Schwerpunkte-Reihe BELIEVE * CHANGE * REFLECT und CREATE), und richtet vom 12. bis 17. November das Augenmerk auf Filme zum Thema Glauben, Spiritualität und Selbstermächtigung. Und verschließt dabei auch nicht den Blick vor religiös motivierten Konflikten.
Ein Fokus liegt mit „Black Jews – Beta Israel“ auf den „Beta Israel oder Falascha, einer ethnisch-religiösen Gruppe, deren Mitglieder ursprünglich aus Äthiopien stammen und die seit Ende der 1970er Jahre mehrheitlich nach Israel emigriert sind bzw. emigrieren mussten.“ Das Programm wird bei freiem Eintritt am Samstag, den16. November, und Sonntag, den 17. November im Arsenal gezeigt.
Auch darüber hinaus wird die cineastische Vielfalt des afrikanischen Kontinents gewürdigt; es sind Produktion und Coproduktion aus Ägypten, Äthiopien, Angola, Burkina Faso, Demokratische Republik Kongo Elfenbeinküste, Ghana, Kamerun, Kap Verde, Katar, Kenia, Madagascar, Nigeria, Senegal, Sudan, Südafrika, Tansania, Tunesien, Uganda und der Zentralafrikanischen Republik vertreten. Neben Filmscreenings hält das Afrikamera-Programm beispielsweise auch eine Serienpräsentation (INVISIBLE aus der Elfenbeinküste), ein Panel zu Literaturverfilmungen sowie ein Cine Concert bereit: das Kollektiv Oriki rund um die Musiker Yann Salètes, Mourad Baïtiche und Michel Teyssier vertont den Film LE FRANCE der senegalesischen Regielegende Djibril Diop Mambéty neu und live im City Kino Wedding.
Ein paar Afrikamera-Highlights finden sich in der Folge.
BEHIND THE MOUNTAINS
Darum geht es:
Rafik (Majd Mastoura) springt in die Toilette eines Großraumbüros, Baseballschläger in der Hand. Er stürmt in den Raum, zerschlägt die Rechner und stürzt sich aus dem Fenster. Auch im Knast schafft er es wieder, aus dem Fenster zu springen. Ist er psychotisch? Depressiv? Ein Gewalttäter? Nein, er kann fliegen, oder denkt, dass er es kann. Und dann entführt er seinen Sohn Yassine (Walid Bouchhioua), um es ihm zu beweisen.
Was du zum Film wissen musst:
Mohamed Ben Attia legt mit BEHIND THE MOUNTAINS seinen dritten Langfilm vor – eine spannende, wenn auch bisweilen irritierende Genre-Mischung aus Drama, Mystery und Thriller, der durch seine starken Schauspieler*innen und seine metaphorische Grundidee zu fesseln weiß. Ob es sich bei BEHIND THE MOUNTAINS um eine weitere Variation von Attias Thema – das Verlorensein in einer dysfunktionalen tunesischen Gesellschaft zwischen Aufbruch und Stagnation – handelt, müssen die Zuschauer*innen dabei für sich selbst entscheiden. Attias Debütfilm HEDIS HOCHZEIT feierte seine Premiere bei den 66. Filmfestspielen in Berlin und konnte nicht nur den Preis für den besten Erstlingsfilm, sondern auch den Silbernen Bären für den Besten Darsteller einheimsen. -MK
Termin beim Afrikamera
14.11., 20.30 Uhr, Arsenal
THE VILLAGE NEXT TO PARADISE
Darum geht es:
Mamamrgade (Ahmed Ali Farah) und seine Schwester Araweelo, die mit dem kleinen Cigaal einen liebevollen Haushalt bilden – und versuchen, über die Runden zu kommen. Mamamrgade durch Aushilfsjobs – zu denen auch das Begraben von vermeintlichen Terroristen- oder Terroristenopfern gehört, und Araweelo durch ihre Hilfsdienste in einer Schneiderei oder dem Verkaufen von Khat, das betörende Pausen von der Tristesse verschafft. Nur Cigaal rennt noch zu seinem Freund, um ihm den Traum der letzten Nacht zu erzählen. Als die Schule im Dorf wegen Lehrermangel schließt, muss Cigaal (Ahmed Mohamud Saleban) in ein Internat „in der Stadt“, und das ohnehin schon fragile Gleichgewicht der Patchworkfamilie gerät in Schieflage.
Was du zum Film wissen musst:
Mit einem genauen Blick und sicherer Hand bringt Mo Harawe sein bewegendes Spielfilmdebut auf die Leinwand, das in Cannes in der Sektion Un Certain Regard seine Premiere feierte und bei der Viennale just als bester österreichischer Film ausgezeichnet wurde. Sparsame Dialoge, in denen trotzdem ein ganzes Verzweiflungsarsenal Platz hat. Lange Kameraeinstellungen, in denen Menschen oft ins Nirgendwo blicken. Denn die Perspektiven im ländlichen Somalia sind karg, viel hängt am Einfallsreichtum und der Beharrlichkeit Einzelner – vor allem einzelner Frauen. Harawe hat für seinen langsamen, aus vielen kleinen Kurzfilmen zu bestehend scheinendem Film ein wunderbares Ensemble gefunden, allen voran der kleine Cigaal, dem man ganz doll wünscht, dass er in dieser unbarmherzigen, harten Welt nicht alle Träume verliert. – MK
Termin bei Afrikamera
12.11., 19.30 Uhr, Arsenal
OMI NOBU (THE NEW MAN)
Darum geht es:
Den 77-jährigen Quirino, der seit 30 allein in dem kleinen verlassenen Dorf Ribeira Funda in Kap Verde zwischen den Felsen wohnt. Er ist nicht einsam, sagt er – er habe ja seinen Fischereialltag, das Radio und Gott. Wir sehen ihn in die wunderschöne, verlassene Landschaft blicken, erfahren, warum das Dorf verlassen wurde – und sehen, wie die Menschen in der Region arbeiten, feiern und trauern.
Was du zum Film wissen musst:
OMI NOBU ist ein assoziativ gebauter Dokumentarfilm von Carlos Yuri Ceuninck, der die letzten selbstbestimmten Tage Quirinos in seinem Dorf als Hommage an ihn und den Ort mit dem Hier und Jetzt im dörflichen Kap Verde verbindet. Ein bisschen verträumt, ein bisschen nostalgisch, mit großartigen Bildern. – MK
Termin beim Afrikamera
16.11., 19.30 Uhr, Sinema Transtopia
SUDDENLY TV
Darum geht es:
Nachdem im Sudan 2019 Präsident Omar al-Bashir gestürzt wurde, forderten die Sudanes*innen ein Zivilregierung ein, und besetzten das Militärhauptquartier in Khartoum. Für eine kurze Zeit bestand ein utopischer Ort, an dem alles möglich schien – im Kurzfilm SUDDENLY TV bauen Studierende aus Pappe eine Kamera und fangen die Stimmen ihrer Mitprotestierenden ein.
Was du zum Film wissen musst:
Roopa Goginenis SUDDENLY TV wurde mit dem 2023 SXSW Special Jury Award und dem 2023 IndieLisboa Short Film Grand Prize ausgezeichnet und war in diesem Jahr in einer besonderen Ausstellung beim Kurzfilm Festival Hamburg zu sehen. SUDDENLY TV fängt den ganz besonderen Spirit ein, den vor allem von jungen Menschen initiierte Freiheitsbewegungen haben, er verdeutlicht ihre Hoffnungen, ihre Skepsis und Wut auf die bisherigen Machthaber*innen. Er führt aber durch sein gewähltes Prop der gebastelten Kamera auch vor, wie vor allem die westliche Welt die Situation im Sudan oft ausblendet, nicht genug davon berichtet. – MK
Termin beim Afrikamera (Programm: Afrikamera Shorts – Director’s Choice)
13.11, 20:30 Uhr, City Kino Wedding