filmPOLSKA 2020: „Corpus Christi“ (OT: „Boże Ciało“) von Jan Komasa


„Corpus Christi“ von Jan Komasa wurde als polnischer Beitrag für den Oscar für den besten ausländischen Film eingereicht. Foto: FFC

Der lebende Christus

In den letzten paar Jahren haben sich Filme aus Polen gehäuft, die sich mit der römisch-katholischen Kirche auseinandersetzen und diese mehr oder weniger explizit angreifen. Bigotterie und Korruption wird dem Klerus darin vorgeworfen. Polens Verhältnis zur Kirche war schon immer eng, doch in den letzten Jahren der Entwicklung in Richtung eines autoritäreren politischen Klimas übernimmt die Kirche nicht nur als moralische Institution eine repressive Machtstellung im Land.

2018 erschienen gleich zwei Filme, deren Erfolg ein Indikator für den Verdruss vieler Polen gelten kann, die sich unsanft und mit den Mitteln der Satire der Kirche angenommen haben. Zum einen präsentierte Małgorzata Szumowska mit „Twarz“ („Das Gesicht„) im Wettbewerb der Berlinale eine eindrückliche Anklageschrift, zum anderen ließ „Kler“ („Klerus„) von Wojciech Smarzowski von sich sprechen. Der Film wurde zum Skandal, polarisierte stark und es gab Versuche der Kirche und politischen Führung, ihn zu verbieten, prangert er doch gerade das parasitäre Verhältnis von Kirche und Staat an. Ähnlich wie es Małgorzata Szumowska bereits 2012 in „Im Namen des…“ gemacht hat, bedient sich Jan Komasa für „Corpus Christi“ nuancierterer und weniger überspitzter Töne, um seine einschneidende Kritik an der Oberflächlichkeit und Verlogenheit der katholischen Kirche auszudrücken, ohne deswegen aber weniger beklemmend und aufwühlend zu sein.

Daniel soll frühzeitig aus dem Jugendgefängnis entlassen werden und in einem abgelegenen Ort in einer Sägemühle arbeiten. Durch den Kontakt mit dem Priester im Gefängnis hatte er sich für eine Laufbahn in der Kirche interessiert, doch als Vorbestrafter hat er keine Chance. Bevor er entlassen wird, lässt er eine Soutane des Priester mitgehen und zieht diese an. Im Dorf hält man ihn für einen richtigen Priester und es trifft sich gerade gut, dass der aktuelle Geistliche wegen seiner Alkoholsucht etwas kürzer treten muss, so dass Daniel kurzerhand einspringt. Diese Arbeit und die Unterbringung im Pfarrhaus gefallen ihm schließlich auch viel besser als die Option mit der Sägemühle. Nach anfänglichen Anpassungsschwierigkeiten fühlt sich Daniel mit seiner neuen Aufgabe wohl und nimmt sie sehr ernst – zu sehr für manchen Geschmack.

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