filmPOLSKA 2020: „Corpus Christi“ (OT: „Boże Ciało“) von Jan Komasa



Im Gegensatz zu seinem Vorgänger und rechtmäßigen Inhaber des Postens möchte Daniel die Bewohner des Dorfes miteinander versöhnen. Die Wut, die sie über ihren Verlust verspüren, sollen sie nicht gegeneinander verwenden, sondern durchaus gegen Gott selbst formulieren. Daniel zeigt ihnen einen Weg, wie sie mit ihrem Schmerz umgehen können und gleichzeitig, welche Werte dem katholischen Glauben wirklich zugrunde liegen. Doch dies widerspricht der Praxis der Kirche, denn in erster Linie geht es ihr um Kontrolle durch Ehrfurcht. Die Kirche regiert, im besten Fall, nach dem Prinzip einer wohlwollenden Monarchie, und im schlimmsten, nach dem einer Diktatur. Dabei schafft sie Sündenböcke, die als Kanalisierung der Verzweiflung und Wut der Menschen dienen, ohne dass die Kirche selbst Verantwortung übernehmen muss.

Corpus Christi nennen die Katholiken das Brot, die Hostie, das nach der Messe den Gläubigen ausgeteilt wird. Damit nehmen sie ein Stück des wahren Körpers Christi in sich auf, das nach der Segnung durch den Priester ins Brot gefahren ist, in der Theologie spricht man klangvoll von Transsubstantiation. Einer der Gedanken dahinter ist, dass jeder Mensch selbst zum Diener, Anhänger und schließlich Vertreter Christi auf Erden wird. Er soll die Werte wie Vergebung, Nächstenliebe und Altruismus, die Christus vertrat, leben und verbreiten. Priester sind schon durch ihr Amt Vertreter Christi auf Erden. Während die Hauptfigur im Film eindrücklich sich dieser Aufgabe widmen will, ist sie gleichzeitig dem Scheitern verurteilt. Denn er führt allen anderen vor Augen, wie bigott und selbstgefällig die vorgelebte Realität der restlichen Kirche ist. Damit greift der polnische Regisseur ein Thema auf, das so alt wie die Kirche oder die Menschheit selbst ist. Nicht ohne Grund existiert auch, sinngemäß, der Ausspruch „Lebe wie ich es sage, aber nicht nicht wie ich es tue“.

Corpus Christi“ ist Jan Komasas zweiter Langspielfilm nach dem Kriegsdrama „Miasta 44„. Das Sozialdrama gemischt mit Elementen des Thrillers hatte seine Premiere in Venedig und schaut auf eine prominente Festivalauswertung zurück. Er gewann international mehrere Preise für den besten Film, das beste Drehbuch oder den besten Hauptdarsteller. Die schauspielerische Leistung von Bartosz Bielenia als Daniel ist tatsächlich sehr eindrücklich und wesentlich für den Film, der von ihm getragen wird. Seine Verwandlung vom etwas frechen und schüchternen Jungen zum selbstsicheren und empathischen Anführer wirkt glaubhaft und eindringlich. Der Film wurde als polnischer Beitrag für den Oscar für den besten ausländischen Film eingereicht.

Teresa Vena

Corpus Christi„, Regie: Jan Komasa, Darsteller: Bartosz Bielenia, Eliza Rycembel, Tomasz Zietek, Łukasz Simlat, Anna Biernacik, Lidia Bogacz, Bogdan Brzyski, Mateusz Czwartosz

Termine beim 15. filmPOLSKA:
Donnerstag, 27.08.2020, 21:15 Uhr, Freiluftkino Kreuzberg
Freitag, 28.8.2020, 20:30 Uhr, Bundesplatz-Kino
Sonntag, 30.8.2020, 15:30, fsk Kino

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