42. Filmfestival Max Ophüls Preis: SAMI, JOE UND ICH von Karin Heberlein


Regisseurin und Drehbuchautorin Karin Heberlein nimmt in ihrem ersten Langspielfilm drei junge Frauen aus Familien mit Zuwanderungsgeschichte in den Blick, die versuchen, zwischen ihren Träumen und der oft brutalen Realität ihren Platz im Leben zu finden – und nie den Mut zu verlieren. Passend dazu beginnt und endet der Film mit dem Zitat: „Behalte immer mehr Träume in deiner Seele als die Wirklichkeit zerstören kann.“

Die jungen Hauptdarstellerinnen Anja Gada, Rabea Lüthi und Jana Sekulovska tragen den Film mit ihrer natürlichen und lebendigen Darstellung der drei Mädchen. Sie lernten sich lange vor Drehbeginn kennen und arbeiteten mit der Regisseurin intensiv daran, die freundschaftliche Nähe überzeugend spielen zu können. Auch als Drehbuchautorin versuchte Heberlein, größtmögliche Authentizität zu erreichen, indem sie Erfahrungen aus Workshops mit Jugendlichen einfließen ließ.

Die Musik im Film stammt unter anderem von jungen Frauen mit Migrationsgeschichte wie etwa der Zürcher R&B-Sängerin Naomi Lareine. Der Look des im 4:3-Format gedrehten Films erinnert an die buntgefilterte Welt von Instagram und Co., das Chatten am Smartphone ist im Film selbstverständlich und bei der Kleidung, die ihre Filmfiguren tragen, hatten die drei jungen Schauspielerinnen Mitspracherecht.

Als Stärke des Coming-of-Age-Dramas kristallisiert sich ebendiese fast dokumentarisch wirkende Realitätsnähe heraus, die Heberlein auch durch das konsequente Erzählen aus der Perspektive der Mädchen erzielt. Wenn Sami gegen ihren aus Bosnien stammenden Vater und ihren älteren Bruder kämpft, die ihr keinerlei Freiheiten zugestehen, und an einen zweifelhaften Freund gerät, wenn Joe, die einzige schwarze junge Frau unter den drei Freundinnen, sexualisierte Gewalt erlebt, und wenn Leyla sich in ihrem Ausbildungsbetrieb gegen frauenfeindliche Vorurteile wehrt, bleibt die Regisseurin auf Augenhöhe mit ihnen.

SAMI, JOE UND ICH, für den Heberlein 2020 beim Zurich Film Festival unter anderem den Publikumspreis der Wettbewerbs-Sektion gewann, ist vor allem ein Film über Freundschaft und Solidarität unter jungen Frauen, auch und gerade in schwierigen Lebenssituationen. Zugleich verdeutlicht der Film, wie Mädchen und Frauen noch immer gegen misogynes und diskriminierendes Verhalten ankämpfen müssen – und dass es bis zur Gleichberechtigung aller Geschlechter noch einen weiten Weg zurückzulegen gilt.

Stefanie Borowsky

SAMI, JOE UND ICH, Regie: Karin Heberlein. Darsteller:innen: Anja Gada, Rabea Lüthi, Jana Sekulovska

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