„Austerlitz“ von Sergei Loznitsa



Dieses mutige, stille Statement in einer lauten Welt macht „Austerlitz“ zu einem besonderen Seh- und Hörerlebnis. Die Tonebene ist oft versetzt, verzögert, lässt sich nicht verorten. Doch es lassen sich noch andere Deutungen aus Losnitzas Film herauslesen. So hält Loznitsa der medialen Bilderflut und der zwanghaften Visualisierung des Unvorstellbaren die Aussparung entgegen und verweist damit auf unsere Unfähigkeit, auf die täglich konsumierten Gräuel überhaupt noch mit angemessenem Mitgefühl reagieren zu können. Auf diese Weise sind wir nun direkt mit den späten Zeugen der historischen Ereignisse konfrontiert: Mit uns selbst. Indem wir „Austerlitz“ schauen, sehen wir uns also selbst zu beim Versuch, die Vergangenheit durch ständige handygeknipste Selbstvergewisserung wieder an uns heranzuholen. Ob dies gelingt, bleibt offen.

Marie Ketzscher

Austerlitz„, Regie: Sergei Loznitsa, Kinostart: 15. Dezember 2016

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