„Pod electricheskimi oblakami“ („Under Electric Clouds“) von Aleksey German Jr.


"Pod electricheskimi oblakami" ("Under Electric Clouds"), von Alexey German Jr. feierte seine Premiere im Berlinale Wettbewerb 2015. Foto: Berlinale

„Pod electricheskimi oblakami“ („Under Electric Clouds“), von Alexey German Jr. feierte seine Premiere im Berlinale Wettbewerb 2015. Foto: Berlinale

Russland im Nebel

Da braut sich was zusammen. Russland 2017. Über dem weiten Land liegt ein schwerer Wolkenteppich. Das Land erstickt in nasskalten, grauen Nebelschwaden, die durch die Nation wabern. An den Himmel projizierte Werbehologramme sind das einzige Licht, das die Menschen hier zu sehen bekommen. Russlands Zukunft sieht düster und hoffnungslos bedrückend aus. In unzähligen Sätzen geht es im Film um geplatzte Träume. „Ich hatte einen Traum. Doch jetzt bin ich traurig.“

Under Electric Clouds“ ist ein in opaken Farben gehaltener Abgesang einer Gesellschaft, die wie gelähmt ihrem Zerfall zusieht. Zerlegt in acht Kapitel lässt Regisseur Aleksey German Jr. jeweils eine Schicht der russischen Gesellschaft zu Wort kommen, beschreibt ihre Zerrissenheit und ihre Konflikte in einer Welt, die kein Morgen verspricht. Zu Wort kommen ein kirgisischer Wanderarbeiter, der täglichem Rassismus und Ausgrenzung ausgesetzt ist, die Erben eines Architekten, dessen Arbeit sie vollenden sollen, ein Anwalt für Immobilienrecht, ein Kriegsflüchtling, ein Museumsführer und ein nicht erwachsen werden wollender Architekt. Die Kamera rahmt ihre Geschichten in kaum beweglichen Totalen.

German macht sich zum Bildhauer atmosphärischer Fotografien, in dessen Rahmung er den Blick auf die russische Seele freilegen will. Umgeben von symbolischen Ruinen der Vergangenheit, wie der einer Leninstatur, deren Kopf offenbar dazu einlädt, sich darauf auch mal die Welt im Kopfstand, also verkehrt herum anzusehen. Monumente des gescheiterten Aufbaus treiben in dem arrangierten und bedeutungsschweren Setting gedankenversunkener und scheinbar teilnahmsloser Protagonisten. Sie sprechen nicht wirklich miteinander, sondern deklamieren ihre Dialogzeilen. Nur Poesie ermögliche die Komplexität von Geschichte zu erfassen, so German.

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