66. Berlinale: „Boris sans Béatrice“ von Denis Côté



Nichtsdestotrotz gelingt es ihm, Boris‘ psychologische Entwicklung mit genügend Rückschlägen und introspektiven Momenten auszustatten, um dessen allmähliches Herausschälen aus seinem vormals sperrigen und renitenten Charakter glaubhaft zu bebildern. Entfremdet von seiner Mutter und seiner heranwachsenden Tochter sowie zerrissen zwischen seiner kranken Ehefrau, ihrer lolitahaften Pflegerin und einer Kollegin, mit der er eine lauwarme Affäre unterhält, gefällt sich Boris als Dreh- und Angelpunkt all ihrer Bedürfnisse, obwohl er keines davon zu befriedigen weiß. Entsprechend invasiv und bedrohlich wirken die Methoden des mysteriösen Fremden, der Boris für seine zahlreichen Fehltritte konsequent abstraft und sich bei näherem Hinsehen als die personifizierte Verkörperung seines schlechten Gewissens erweist.

Mit strengem und omnipräsentem Blick wacht Côté über sein sternförmig angelegtes Figurentableau, in dessen Mitte ein einsamer Mann steht, der die Überforderung mit den Frauen in seinem Leben durch Verachtung und Egozentrik verzweifelt zu kaschieren versucht. Der bei „Boris sans Béatrice“ zu verzeichnende Zuwachs an Handlungsstruktur, Spannungsmomenten und Figurentiefe legt die Hoffnung nahe, dass der kanadische Regisseur sich künftig auch in ästhetischer Hinsicht eine stilsichere und eigenwilligere Handschrift zulegen wird.

Alina Impe

„Boris sans Béatrice“, Regie: Denis Côté, DarstellerInnen: James Hyndman, Simone-Élise Girard, Denis Lavant, Isolda Dychauk, Dounia Sichov

Termine bei der 66. Berlinale:
Fr 12.02. 22:00 Berlinale Palast
Sa 13.02. 15:00 Friedrichstadt-Palast
Sa 13.02. 19:00 Haus der Berliner Festspiele
Mo 15.02. 12:30 Haus der Berliner Festspiele
Mo 15.02. 21:30 ACUDkino 1
So 21.02. 17:00 Friedrichstadt-Palast

 

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