„Hedis Hochzeit“ (OT: „Inhebbek Hedi“) von Mohamed Ben Attia
Hedi ist alles andere als ein Sympathieträger. Mitleid ist wahrscheinlich das, was der Betrachter der Figur am ehesten entgegen bringt. Der zuschauer nimmt ihn als Produkt seines Umfelds wahr, ein Schicksal, das den jungen Mann, der doch durch das Aufbegehren seiner Generation inspiriert sein sollte, nur über sich ergehen lässt. Da auch die anderen Figuren in Mohamed Ben Attias „Hedi“ nur wenig Empathie hervorrufen, muss das Werk weitestgehend ohne Identifikationsfläche auskommen, einzig Rim will mehr vom Leben – warum nur interessiert sich diese Frau für Hedi…
Und doch ist Attias Film wertvoll, da er sensibilisiert. Er zeigt einen Nordafrikaner, der so ganz anders ist, wie es das rechte Klischeebild nach Köln will. Hedi ist kein aggressiver Grabscher, kein Antänzertyp, keiner vor dem sich irgendjemand fürchten muss. Vielmehr ein von der Mutter unterdrücktes Weichei, der erst sein ganzes leben lang gequält werden muss, ehe er wenigstens versucht etwas zu ändern. Ein Mensch, der sich wahlweise als sensibel oder apathisch beschreiben lässt, ein Jedermann, der einfach nur irgendwie und irgendwo in dieser Welt existieren möchte.
Die Jury der 66. Berlinale überzeugte die darstellerische Leistung von Majd Mastoura und würdigte diese mit dem Silbernen Bären für den besten Hauptdarsteller des Filmfestivals.
Denis Demmerle
„Hedi„, Regie: Mohamed Ben Attia, DarstellerInnen: Majd Mastoura, Rym Ben Messaoud, Sabah Bouzouita, Hakim Boumessoudi, Omnia Ben Ghali, Kinostart: 22. September 2016