„Die Tochter“ von Mascha Schilinski


Die erst achtjährige Berlinerin Helena Zengel beeindruckt in ihrer Rolle als Luca, "Die Tochter". Copyright: Fabian Gamper

Die erst achtjährige Berlinerin Helena Zengel beeindruckt in ihrer Rolle als Luca, „Die Tochter“. Copyright: Fabian Gamper

Trennungskind mit Elektrakomplex

Vor zwei Jahren im Griechenlandurlaub sagten Lucas Eltern ihrer Tochter, dass sie sich trennen. Mittlerweile ist Luca (Helena Zengel) sieben, hat sich an die veränderte familiäre Situation gewöhnt und längst gelernt, beide Elternteile auf ihre Seite zu ziehen. Ihren Papa Jimmy (Karsten Antonio Mielke) liebt sie über alles und will ihn nicht mit der Mutter, der alleinerziehenden Schauspielerin Hannah (Artemis Chalkidou), teilen. Mit der Mutter erlebt Luca den eintönigen Alltag, während der Vater mit Luca herumalbert und ihre Wünsche erfüllt – wenn er nicht mal wieder vergisst, sich zu melden. Da Hannah Geldsorgen plagen, bricht die Berliner Familie noch einmal gemeinsam nach Griechenland auf, um ihr Ferienhaus auf einer kleinen Insel zu renovieren und später zum Verkauf anbieten zu können. In Griechenland geschieht das, was nicht mehr möglich schien: Lucas Eltern kommen sich unerwartet wieder näher.

Luca, die sich daran gewöhnt hatte, den Papa für sich allein zu haben, die ihn idealisiert und geradezu vergöttert, sieht die Mutter als Rivalin im Kampf um die Zuneigung des Vaters. Die Prinzessinnenrolle reicht Luca nicht: Sie will die Rolle der Königin an der Seite ihres Vaters nicht mehr hergeben. Die Hoffnung, ihre Eltern mögen wieder zusammenkommen, wird übertönt von ihrer Eifersucht, dem Wunsch nach Macht und nach Rache an der Mutter. Auf perfide Art beginnt die kleine Luca, ihre Eltern zu manipulieren.

Die konfliktreiche Dreiecksbeziehung entspinnt sich in beeindruckenden Bildern vor der Kulisse einer Vulkaninsel in der Ägäis. Auf symbolträchtige, visuell interessante Weise werden die Gefühle des Mädchens illustriert. Gezackte, dunkle, bedrohlich anmutende Felsformationen bilden den Ort, an dem Luca einst von der Trennung ihrer Eltern erfuhr – und dort verbringt die Familie nun wieder gemeinsam Zeit. Das Gefühl der Enge und der Bedrohung wird immer wieder greifbar und findet sich auch in den schmalen, engen, dunklen Gassen der Insel wieder, die Luca zu erdrücken scheinen. Dieselbe Symbolkraft besitzt auch Lucas Haarspange, deren Zacken sie sich in die Haut drückt, wenn sie den Schmerz nicht mehr erträgt. Visuell auffällig sind zudem übergroße Seifenblasen, die Luca wie einen Schutzkreis um sich herum bildet, wenn sie sich in einer bedrohlichen Situation befindet und sich selbst oder beispielsweise ihren Vater schützen möchte. Denn Jimmy, der Vater, ist herzkrank und löst damit große Sorgen bei Luca aus, was durch ein pochendes Herz dargestellt wird, das in Momenten der Angst riesengroß auf der Leinwand erscheint.

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