„The Party“ von Sally Potter


Ein Highlight im Wettbewerb der 67. Berlinale: "The_Party" von Sally Potter. © Oxwich Media Limited_ Adventure Pictures Limited

Ein Highlight im Wettbewerb der 67. Berlinale: „The_Party“ von Sally Potter. © Oxwich Media Limited_ Adventure Pictures Limited

Bourgeoises Gemetzel

Mit der Instrumentalversion von „Jerusalem“ – der neben „God save the Queen“ bestehenden heimlichen zweiten Nationalhymne der Briten, die aus einem Gedicht William Blakes hervorging – stellt Sally Potter („The Tango Lesson“, „Ginger & Rosa“) gleich zu Beginn ihrem Film einen subtilen Kommentar auf die Gegenwart voran: England befinde sich in sehnsüchtiger Erwartung des Paradieses, das „über den teuflischen Mühlen“ errichtet werden soll. Was auf den feinsinnigen Prolog folgt, ist ein in Schwarz-Weiß und fast ausschließlich mit Handkamera gedrehtes Kammerspiel voller schwarzem Humor, das sich schnell zum bissigen Schlagabtausch zwischen Eheleuten und Freunden entwickelt, der die gesamte Bandbreite bourgeoiser Dekadenz einer sich gegenseitig belügenden und betrügenden Elite vorführt. Die einzige Waffe, mit der sich die Gegenwart in dieser Gesellschaft noch ertragen lässt, scheint ein abgründiger und selbstgerechter Zynismus zu sein.

Es ist ein Abend unter Freunden. Dass Janet (Kristin Scott Thomas) zur Gesundheitsministerin im Schattenkabinett ernannt wurde, soll bei einem Essen gefeiert werden. Seit Stunden steht die frisch gebackene Ministerin offenbar schon am Herd – doch keinen Deut gestresst, im Gegenteil, fast meint man, sie leuchte vor Glück und Zufriedenheit – um zwischen etlichen telefonisch eingereichten Glückwünschen und kleinen Flirteinlagen mit einer namenlosen Affäre, das Essen rechtzeitig fertig zu haben. Ihr Mann Bill (Timothy Spall) sitzt derweil wie erstarrt im Wohnzimmer und harrt offenbar der Dinge, die da kommen mögen. Und es ist einiges, das offenbart zu werden verlangt.

Die Paare, die an diesem Abend aufeinandertreffen, könnten unterschiedlicher kaum sein. Janet und Bill, die Gastgeber, sind offenbar schon eine Ewigkeit verheiratet und haben sich in parallelen Leben eingerichtet. Ihre Ehe blieb kinderlos, von Anfang an drehte sich alles um die jeweils eigene Karriere. Besonders Bill, ein inzwischen in die Jahre gekommener unrasierter Akademiker mit verbrauchter Aura und zerknittertem Anzug, hat sich dabei der politischen Laufbahn seiner Frau stets angepasst und über die Jahre viele Opfer bringen müssen. Janet dagegen sprüht vor Energie und Sinnlichkeit und wirkt um Jahrzehnte jünger als ihr Mann. Kein Wunder, dass die Liebhaber Schlange stehen.
Ihre beste Freundin April (Patricia Clarkson), mit ähnlich eleganter Silhouette, ist mit Gottfried (Bruno Ganz) liiert, einem Lebensberater mit deutscher Herkunft, der seine Sorgen eher wegmeditiert und immer einen Aphorismus auf den Lippen trägt, womit er April regelmäßig in den Wahnsinn treibt. Deshalb macht sie auch keinen Hehl daraus, wie sehr sie ihn verachtet und lädt an diesem Abend zu ihrem „letzten gemeinsamen Abendmahl“. Und dann sind da noch Martha (Cherry Jones) und Jinny (Emily Mortimer) – ein lesbisches Paar mit beachtlichem Altersunterschied, das gerade Drillinge erwartet – und der gutaussehende, koksende Banker Tom (Cillian Murphy), der im überteuerten Anzug und bewaffnet nervös auf die Ankunft seiner Frau wartet.

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