„The Party“ von Sally Potter



In Sally Potters inzwischen achtem Spielfilm sind es die Frauen, die den Männern im wahrsten Sinne des Wortes eins überziehen und sie blutig zu Boden gehen lassen. „Wenn Denis Thatcher und Prinz Philip das überlebt haben, schafft dein Mann das auch“, heißt es an einer Stelle sehr deutlich im Film. Der Satz stellt klar, hier sind es die Frauen, die bestimmen, Ansagen machen, Macht besitzen und als Leistungsträger vorangehen. Janet funktioniert dabei wie ein gut geöltes Triebwerk. Ihre Karriere läuft und Zuhause ist sie, wo immer etwas gebraucht, gesäubert, gekocht weggeräumt, angeboten oder geklärt werden muss, ebenso akkurat wie zügig zur Stelle.
April verteilt gleichermaßen präzise, mit Esprit, Timing und Takt zielsicher und überlegen ihre Verbalattacken. Martha und Jinny stehen als Frauen da, die sich gänzlich unabhängig von der Männerwelt gemacht haben, selbst in der eigenen Reproduktion.
Besonders Aprils Verve, ihr sarkastisches und zügellos zynisches Mundwerk, mit dem sie vor den anderen die Wahrheit ausspricht und sie mit Haut und Haaren in ihren Unzulänglichkeiten geradezu ausweidet, entpuppt sich als echte Bienenkönigin mit giftigem Stachel. Daneben sehen die Herren ziemlich alt, kauzig oder hysterisch desorientiert aus. Im Spannungsverhältnis dieser so ungleichen Filmpaare liegt eine große Leidenschaft, die einem das eine oder andere boshafte Lachen entlockt und zum Szenenapplaus animiert. Geschlechterrollen mit umgekehrtem Vorzeichen.

Ein kritischer Geist: Regisseurin Sally Potter bei der Berlinale-PK. Foto: Denis Demmerle

Ein kritischer Geist: Regisseurin Sally Potter bei der Berlinale-PK. Foto: Denis Demmerle

Als die Autorenfilmerin 2015 das Drehbuch schrieb, standen die Unterhauswahlen im britischen Parlament kurz bevor und es zeichnete sich bereits ab, dass „ein anderer Wind aufkam“, wie Potter sagt, „Wahrheiten nichts mehr galten“ und viele nur noch „dem Volk nach dem Mund redeten, statt die Dinge auszusprechen, die hätten gesagt werden müssen“. Die Frage, ob ihr Film ein politischer sei, beantwortet die britische Regisseurin mit dem Satz: „Alles ist politisch, sobald es um die Definition von Machtverhältnissen geht.“

„The Party“ ist eine politische Komödie, die im Kleinen das Große sichtbar macht und zählt zu den filmischen Arbeiten, die vom apokalyptischen Zeitgeist schneller eingeholt werden als den Künstlern oft lieb sein kann. So bekam die Geschichte auch eine neue Dimension, als ausgerechnet während des 14-tägigen Drehs plötzlich der Brexit real wurde. Diesem heuchlerischen, politischen System, dem maroden Gesundheitssystem Großbritanniens und den Eliten in ihrer selbstgerechten Arroganz begegnet die inzwischen 67-Jährige in ihrer schwarzen Komödie mit jeder Menge scharfsinnigem Wortwitz und legt dabei fast beiläufig ein abgründiges Sittenbild der gegenwärtigen Oberschicht frei. Dieser Berlinale-Wettbewerbsbeitrag sieht nach einem ziemlich sicheren Kandidaten für den Drehbuchbären aus und wird mit noch größerer Wahrscheinlichkeit wohl schon sehr bald nicht nur die Kinos, sondern vor allem auch die Theaterbühnen im Sturm erobern.

SuT

The Party„, Regie: Sally Potter, DarstellerInnen: Patricia Clarkson, Bruno Ganz, Cherry Jones, Emily Mortimer, Cillian Murphy, Kristin Scott Thomas, Timothy Spall, Kinostart: 27. Juli 2017

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