In den Kinos: DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE von Ramon Zürcher und Silvan Zürcher – Preis für Beste Regie


Der Duktus der Gespräche in DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE ist monoton. Die Schauspieler*innen sprechen trocken. Sätze und Worte klingen hölzern und auswendig gelernt. Auf bedeutungsschwangere Dialogbotschaften und fatale Vorwürfe reagieren die Figuren nicht. Stattdessen wird gelächelt. In einer zentralen Szene wirft Lisa ihrer Mutter vor, dass sie das Gefühl hat, sie sei nicht ihre Mutter. Astrid antwortet nicht darauf.
Thematisch spiegelt Nora, die Mitbewohnerin einer Nachbarin, die Essenz des Films. Als einzige macht sie beim Spiel um stetiges Lächeln nicht mit. Während sie tagsüber versucht zu schlafen, blüht sie nachts auf. Aber eigentlich will sie wie Lava mit jemandem verschmelzen, kann diese Sehnsucht jedoch nicht umsetzen. Anstelle zerbricht sie am Schmerz einer potentiellen Trennung oder am Schmerz ihrer Einsamkeit.

Ramon und Silvan Zürcher erzählen mit ihrem auf der 71. Berlinale für die Beste Regie ausgezeichnetem Film DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE von menschlichen Aufladungen, die aufgrund von Ängsten und negativen Erfahrungen nicht benannt werden können. Wie in einem Spinnennetz zeigen die Brüder anhand einer komplexen filigranen Verwobenheit ihrer Figuren eine psychologische Gesamtkonstellation auf. Changierend zwischen Nähe und Distanz entfaltet sich deren Dynamik anhand eines akkuraten peniblen Settings, strenger Kadrierungen, der packenden sehr guten Schauspieler*innen-Leistung und sonderbar aufgesetzter Dialoge. Eine Dynamik, die nie zur Ruhe kommt. Momente von persönlichen Verletzungen lösen Momente von Zuneigung und Nähe ab.

DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE arbeitet sich poetisch an dem Thema Sprachlosigkeit ab, indem es subtil und klug andeutet, warum Menschen aufhören miteinander zu reden. Was bleibt ist ein mulmiges Gefühl im Bauch. Und der große Elefant mitten im Raum.

DAS MÄDCHEN UND DIE SPINNE, Regie: Ramon und Silvan Zürcher. Mit Henriette Confurius, Liliane Amuat, Ursina Ladi, Flurin Giger, André M. Hennicke; Kinostart: 8. Juli 2021

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